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„Ich bestehe darauf, dass ich auch hier der Erste bin! Und ich will hier unten, auf den Knien vor meinen Kameraden, den ehrlichen Likedeeler, den Tod finden! Aber ich habe noch eine Bitte. Dazu muss ich aber hier unten den Tod finden, direkt vor meinen Kameraden, nicht dort oben.“
Zwei Knechte wollten Störtebeker ergreifen und die kurze Treppe zum Block hinaufdrängen. Doch Nyenkerken winkte und rief hinauf: „Rosenfeld! Steigt hier herunter!“Rosenfeld gehorchte. Drei andere Knechte wuchteten auf seinen Befehl den Richtblock die Treppe hinunter und stellten ihn vor Störtebeker auf. Dann wollten die Knechte ihn auf die Knie und den Kopf mit entblößtem Hals auf den Block zwingen. Und Rosenfeld stellte sich mit Schwert in Positur.
Störtebekers letzter Wunsch
Aber Störtebeker gab noch nicht auf. Er rief abermals mit lauter Stimme:
„Wenn mein Leben nicht mit einem einzigen Schlag beendet wird, dann werde ich aufspringen und an meinen Kameraden entlang laufen. Und ich verlange von dem hohen Rat der Hanse in Hamburg, dann Diejenigen frei laufen zu lassen, an denen ich vorbeilaufen kann! Das ist mein letzter Wunsch!“
Totenstille trat ein – aber dann schrie ein einzelner Mensch aus der Menge: „Störtebeker ist verrückt! Er will uns reinlegen!“Und ein Lachen, Johlen und Schreien brach los, das kaum zu beschreiben war.
Die Ratsherren standen zunächst noch unschlüssig, dann besprachen sie sich leise untereinander. Nyenherken nickte und gab Rosenfeld einen herrischen Wink. Dieser verstand das so, dass er mit der Hinrichtung von Störtebeker jetzt beginnen solle – und kein Wort wurde mehr an Störtebeker gerichtet, keine Erwiderung auf seine letzten Worte. Kein Ja oder Nein! Nicht vom Bürgermeister und nicht von einem der Hanseherren.
Vor 620 Jahren,am
20. Oktober 1401, soll der legendäre Seeräuber Klaus Störtebeker zusammen mit zahlreichen seiner Vitalienbrüder auf dem Grasbrook in Hamburg enthauptet worden sein. Die Vitalienbrüder, auch Likedeeler (Gleichteiler) genannt, waren im späten
14. Jahrhundert als Freibeuter
Fehlschlag mit dem Richtschwert
Aber Rosenfeld war nervös… die Sache mit dem „einzigen Schlag“machte ihn, den erfahrenen Henker, zum ersten Mal in seinem Leben unsicher. Er fühlte plötzlich nicht mehr genügend Kraft in seinen Händen und Armen und nicht mehr ausreichend Willen in seinem Kopf. Doch seine Helfer hatten, als der Lärm der Volksmasse nachgelassen hatte, den freiwilligen, ersten Delinquenten – Klaus Störtebeker – schon auf den Richtblock geschleppt. Und Rosenfeld holte aus und… er machte den ersten Fehlschlag in seinem Leben mit dem schweren Richtschwert. Er traf Störtebeker
auf der Nord- und Ostsee aktiv.
Von 1396 bis 1400
soll Störtebeker in der Marienkirche im ostfriesischen Marienhafe Unterschlupf gefunden haben, weshalb deren Turm bis heute als Störtebekerturm bezeichnet wird. Anschließend fanden die Vitalienbrüder
nur halb am Hals und halb an der Schulter. Störtebeker sprang sofort auf und lief an der Reihe seiner Kameraden entlang. Er kam bis zum Siebenten. Dort stellte ihm ein Henker, der hinterher gelaufen war, ein Bein. Störtebeker stürzte und fiel in Ohnmacht.
Der Rest war Routine – alle achtunddreißig Likedeeler wurden von Rosenfeld und seinen Henkershelfern abwechseln und nacheinander zum Richtblock geschleppt – der sich nun zum Ärger der Volksmasse unterhalb der erhöhten Richtstätte befand – und alle wurden dort ordnungsgemäß geköpft, ihr ohnmächtiger Kommandant als Erster.
Rosenfeld hielt sich dabei
auch Unterstützung in Oldenburg. Die historische Quellenlage ist allerdings mager.
Der nieder- und hochdeutsche
Autor und frühere Deutsch- und Geschichtslehrer Erhard Brüchert nähert sich der Hinrichtung Störtebekers auf literarische Weise.
Als Störtebeker-Porträt wird oftmals die unter dem Titel „Claus Stürtz den Becher“veröffentlichte Radierung von Daniel Hopfer verwendet. Sie stellt in Wirklichkeit jedoch Kaiser Maximilians Hofnarren Kunz von der Rosen dar.Bild:
zurück. Er stand immer noch wie unter Schock. Es war nicht genau zu erkennen, wer denn nun Störtebeker eigentlich köpfte, möglicherweise war es Rosenfelds Stellvertreter oder einer der anderen Knechte, denn viele drängten sich nach vorne. Solche Unordnung hatte es bei Rosenfeld noch nie gegeben, darüber waren sich alle Augenzeugen später einig.
Bürgermeister Nyenkerken, Schocke und Langhe aber waren trotzdem zufrieden. Sie hatten in Wahrheit auch nie daran gedacht, die letzte Bitte von Klaus Störtebeker zu erfüllen. Und sie konnten endlich die erfolgreiche Durchführung des Lübecker Hansetages in aller Welt verkünden.