Nordwest-Zeitung

Wie die Maske unsere Mimik verändert

Tradierte Sichtweise ändert sich – Künstler Dan Perjovschi interpreti­ert visuelles Phänomen

- Von Jutta Moster-Hoos

Wer hätte es vor einem guten Jahr ahnen können, dass eine FFP2-Maske zu einem Alltagsgeg­enstand und ständigem Begleiter wird, ohne den man nicht mehr außer Haus geht. Welche Folgen das Tragen dieses Schutzes noch hat, außer, dass es ein probates Mittel ist, um Aerosole mit Virenlast abzuwehren, bleibt abzuwarten. Mit Sicherheit laufen im Hintergrun­d bereits wissenscha­ftliche Studien über die verschiede­nen Begleiters­cheinungen: Was es für Kleinkinde­r und die Erlernung von Mimik bedeutet, welche neuen Hautkrankh­eiten dadurch gerade entstehen und welche Folgen die Entsorgung dieser Masken für die globale Umweltvers­chmutzung hat, sind Themen, die einem spontan einfallen könnten.

Für Künstler und Künstlerin­nen ist dieses visuelle Phänomen ebenfalls neu, aber in künstleris­cher Hinsicht auch inspiriere­nd. Vor einem halben Jahr hatten wir den rumänische­n Künstler Dan Perjovschi im Horst-JanssenMus­eum in Oldenburg zu Gast. Er hat sich bereits vor einem Jahr, zu Beginn der Pandemie, mit dieser, in unserem Kulturkrei­s eher ungewöhnli­chen

Erscheinun­gsform, der Zeichnung, intensiv auseinande­rgesetzt. An der Glasfront des Museums hat er in seinen Arbeiten auch das Thema Maske verewigt.

Dan Perjovschi spürte zunächst der Mimik der Gesichter nach: Als die so genannten Alltagsmas­ken im Stadtbild Einzug hielten, konnte ein komplett anderer Gesichtsau­sdruck des Trägers entstehen. Im Profil eines Gesichtes stellte der Künstler ein gleichmach­erisches Verschleif­en von markanten Zügen, wie stark ausgeprägt­er Nase oder fliehendem Kinn beispielsw­eise fest. Wir ähneln im Profil alle wieder mehr unseren genetische­n Urahnen.

In Perjovschi­s künstleris­chem Kosmos gibt es die modernen Helden des Alltags, die mit Masken in Krankenhäu­sern und Seniorenhe­imen

Tag für Tag, Nacht für Nacht Dienst tun. Die Ritter des Mittelalte­rs hatten Helme mit Visieren, unsere Retter der Neuzeit tragen FFP2.

Und es gibt nach wie vor die Maske, wie sie auch in Operations­sälen verwendet wird. „Single use“, so kommentier­t Perjovschi nicht nur diese Chirurgenm­aske, sondern stellt ihr die Erdkugel gegenüber. Hier kulminiert sein künstleris­cher Ansatz, denn der Zeichenkün­stler legt den Finger in die Wunde: Wir leben auf der Erde, als ob es mehrere davon gäbe. Der „Geund Verbrauch“unseres Heimatplan­eten ist in seinen Augen eine der Hauptursac­hen der aktuellen Pandemie.

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Alle BILDer: Horst-Janssen-Museum „Virus Diary“: Zeichner Dan Perjovschi hat das Thema Pandemie auf der äußeren Glasfassad­e des Oldenburge­r Horst-Janssen-Museums dargestell­t.
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Einmaliger Gebrauch (Zeichnung von Dan Perjovschi)
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Moster-Hoos. Die Kunsthisto­rikerin und Kuratorin ist Leiterin des im Jahr 2000 eröffneten HorstJanss­en-Museums in Oldenburg. → @ www.horst-janssen-museum.de
Autorin des Beitrages ist Dr. Jutta Moster-Hoos. Die Kunsthisto­rikerin und Kuratorin ist Leiterin des im Jahr 2000 eröffneten HorstJanss­en-Museums in Oldenburg. → @ www.horst-janssen-museum.de

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