Pressefreiheit in Deutschland verschlechtert sich
„Reporter ohne Grenzen“bewertet Lage nur noch als „zufriedenstellend“– Mehr Schutz gefordert
Berlin – Die Pressefreiheit in Deutschland hat sich nach Einschätzung von „Reporter ohne Grenzen“in der CoronaPandemie verschlechtert. Die Organisation bewertet die Lage nicht mehr als „gut“, sondern nur noch als „zufriedenstellend“, wie aus ihrer am Dienstag veröffentlichten diesjährigen Rangliste der Pressefreiheit in 180 Ländern hervorgeht. Grund sind die Angriffe auf Journalisten bei Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen. 2020 zählte Reporter ohne Grenzen mindestens 65 gewalttätige Angriffe gegen Journalisten – fünf Mal so viele wie 2019.
In 73 der untersuchten Länder werde unabhängiger
Journalismus weitgehend oder vollständig blockiert, in 59 weiteren ernsthaft behindert. Wie zuvor machen die Skandinavier die Spitzenplätze unter sich aus: Norwegen liegt zum fünften Mal in Folge vorn. Nach Finnland, Schweden und Dänemark folgt Costa Rica. Auch am Ende der Liste hat sich wenig getan: China verharrt auf Platz 177. Dahinter folgen mit Turkmenistan, Nordkorea und Eritrea totalitäre Regime, die seit Jahren die letzten Plätze belegen.
Die Deutsche Journalistinnenund Journalisten-Union in Verdi bezeichnete die Platzierung als „Alarmsignal“. Gerade in einer durch die Pandemie verletzlicher gewordenen Demokratie brauche es freie und geschützte Medien.
Ähnlich äußerte sich der Deutsche Journalisten-Verband. „Die Politik muss die Rangliste als Weckruf begreifen. Wenn das wichtige Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit immer weiter eingeschränkt wird, haben wir in Deutschland ein massives Problem“, sagte der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall.
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) pflichtete den Verbänden bei. Angriffe auf Journalisten dürften keinesfalls hingenommen werden. Sie forderte ein entschiedenes und unmittelbares Einschreiten der Polizei bei Straftaten und ein konsequentes strafrechtliches Verfolgen der Täter.
@ www.reporter-ohne-grenzen.de /rangliste
Oliver Schulz über verschärfte Arbeitsbedingungen der Medien in Deutschland