Corona sorgt bei Vermietern für Frust
Beim Studentenwerk und bei der GSG stehen Wohnungen leer
Oldenburg – Eine Erdgeschosswohnung im frisch sanierten Haus, eine Zwei-Zimmer-Wohnung 200 Meter weiter die Straße entlang: An den Häusern hängen Zettel mit darauf notierten Telefonnummern. Mieter werden gesucht, am Artillerieweg, in unmittelbarer Nähe zu den beiden Universitätsstandorten, dabei ist das Sommersemester schon angelaufen.
Vor wenigen Monaten wäre das unvorstellbar gewesen auf einem überhitzten Wohnungsmarkt mit langen Wartelisten bei der GSG oder beim Studentenwerk. Doch Corona hat den Markt auf den Kopf gestellt – nicht die Mieter suchen Wohnungen, die Vermieter suchen Mieter – auch wenn der Zettel für die Zwei-Zimmer-Wohnung nicht mehr aktuell ist, zum 1. Juni für eine andere Wohnung aber ein Nachmieter gesucht wird.
Wohnungen stehen leer
Die beiden Wohnungen am Artillerieweg in Haarentor sind kein Einzelfall. Auch das Studentenwerk verzeichnet einen spürbaren Rückgang. Viele der 1567 Wohnungen, die vom Studentenwerk in Oldenburg angeboten werden, stehen leer, bestätigt Franziska Puczich auf Nachfrage unserer Redaktion. Die Folgen von Corona sind deutlich spürbar, der Campus ist verwaist. Dort, wo sonst bei schönem Wetter Studierende die Außenanlagen bevölkern, stolzieren Vögel über den Rasen. Das Studentenwerk nutzt die Situation und renoviert die Zimmer, baut neue Küchen ein oder modernisiert die Bäder, sagt die 31-Jährige. Insgesamt sei es aber eine wirtschaftlich schwierige Situation, die Mieteinnahmen fehlten. Die Präsenzveranstaltungen sind auf ein Minimum reduziert, die Studierenden sind zuhause und folgen den Vorlesungen wenn irgend möglich am Laptop. Die persönliche Anwesenheit ist kaum noch Pflicht.
Eine Entwicklung, die auch in der freien Wirtschaft eine ungeheure Dynamik aufgenommen hat – Stichwort Ho
meoffice. Die Arbeitnehmer müssen nicht mehr zwingend im Büro arbeiten, sie können ihre Aufgaben auch von zuhause aus erledigen, müssen also auch nicht mehr in der Stadt wohnen, in der ihr Arbeitgeber beheimatet ist. Die GSG bekommt das schon zu spüren, erklärt Jens Freymuth, Abteilungsleiter Marketing/Vertrieb bei der GSG. Die Nachfrage habe spürbar nachgelassen. Das gelte aber nicht für die günstigen kleinen etwa 40 Quadratmeter großen Wohnungen, die für um die sechs Euro herum pro Quadratmeter vermietet würden. Da sei die Nachfrage ungebrochen. Eine aussagekräftige
Warteliste gebe es allerdings nicht mehr, weil die Wohnungsvermittlung digitalisiert worden sei.
600 Zimmer frei
Leerstand verzeichne die GSG in den Wohngemeinschaften. 600 Zimmer seien frei. Das hat, so Freymuth, mehrere Gründe. Zum einen verweist er auf die Situation an den Universitäten, zum anderen aber auch auf die Unternehmen, die zurückhaltend bei der Vergabe von Ausbildungsplätzen seien. Und, so Freymuth weiter, vielen jungen Leuten ist die Existenzgrundlage entzogen worden,
weil sie beispielsweise nicht in gastronomischen Betrieben jobben können. Sie bleiben bei ihren Eltern wohnen. Freymuth: „Die Anzahl der Wohnungen ist in Oldenburg nicht mehr das Problem, aber deren Bezahlbarkeit.“
Franziska Puczich vom Studentenwerk ist zuversichtlich, hofft durch den Erfolg der Impfungen auf ein Ende der Krise. Für das Wintersemester lägen jedenfalls viele Anfragen von jungen Leuten vor, die in Oldenburg studieren wollen und auf der Suche nach einer Wohnung sind. Ob sich die Arbeitswelt auf die Zeit vor Corona zurückentwickeln wird, bleibt abzuwarten.