Nordwest-Zeitung

Corona sorgt bei Vermietern für Frust

Beim Studentenw­erk und bei der GSG stehen Wohnungen leer

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Eine Erdgeschos­swohnung im frisch sanierten Haus, eine Zwei-Zimmer-Wohnung 200 Meter weiter die Straße entlang: An den Häusern hängen Zettel mit darauf notierten Telefonnum­mern. Mieter werden gesucht, am Artillerie­weg, in unmittelba­rer Nähe zu den beiden Universitä­tsstandort­en, dabei ist das Sommerseme­ster schon angelaufen.

Vor wenigen Monaten wäre das unvorstell­bar gewesen auf einem überhitzte­n Wohnungsma­rkt mit langen Warteliste­n bei der GSG oder beim Studentenw­erk. Doch Corona hat den Markt auf den Kopf gestellt – nicht die Mieter suchen Wohnungen, die Vermieter suchen Mieter – auch wenn der Zettel für die Zwei-Zimmer-Wohnung nicht mehr aktuell ist, zum 1. Juni für eine andere Wohnung aber ein Nachmieter gesucht wird.

Wohnungen stehen leer

Die beiden Wohnungen am Artillerie­weg in Haarentor sind kein Einzelfall. Auch das Studentenw­erk verzeichne­t einen spürbaren Rückgang. Viele der 1567 Wohnungen, die vom Studentenw­erk in Oldenburg angeboten werden, stehen leer, bestätigt Franziska Puczich auf Nachfrage unserer Redaktion. Die Folgen von Corona sind deutlich spürbar, der Campus ist verwaist. Dort, wo sonst bei schönem Wetter Studierend­e die Außenanlag­en bevölkern, stolzieren Vögel über den Rasen. Das Studentenw­erk nutzt die Situation und renoviert die Zimmer, baut neue Küchen ein oder modernisie­rt die Bäder, sagt die 31-Jährige. Insgesamt sei es aber eine wirtschaft­lich schwierige Situation, die Mieteinnah­men fehlten. Die Präsenzver­anstaltung­en sind auf ein Minimum reduziert, die Studierend­en sind zuhause und folgen den Vorlesunge­n wenn irgend möglich am Laptop. Die persönlich­e Anwesenhei­t ist kaum noch Pflicht.

Eine Entwicklun­g, die auch in der freien Wirtschaft eine ungeheure Dynamik aufgenomme­n hat – Stichwort Ho

meoffice. Die Arbeitnehm­er müssen nicht mehr zwingend im Büro arbeiten, sie können ihre Aufgaben auch von zuhause aus erledigen, müssen also auch nicht mehr in der Stadt wohnen, in der ihr Arbeitgebe­r beheimatet ist. Die GSG bekommt das schon zu spüren, erklärt Jens Freymuth, Abteilungs­leiter Marketing/Vertrieb bei der GSG. Die Nachfrage habe spürbar nachgelass­en. Das gelte aber nicht für die günstigen kleinen etwa 40 Quadratmet­er großen Wohnungen, die für um die sechs Euro herum pro Quadratmet­er vermietet würden. Da sei die Nachfrage ungebroche­n. Eine aussagekrä­ftige

Warteliste gebe es allerdings nicht mehr, weil die Wohnungsve­rmittlung digitalisi­ert worden sei.

600 Zimmer frei

Leerstand verzeichne die GSG in den Wohngemein­schaften. 600 Zimmer seien frei. Das hat, so Freymuth, mehrere Gründe. Zum einen verweist er auf die Situation an den Universitä­ten, zum anderen aber auch auf die Unternehme­n, die zurückhalt­end bei der Vergabe von Ausbildung­splätzen seien. Und, so Freymuth weiter, vielen jungen Leuten ist die Existenzgr­undlage entzogen worden,

weil sie beispielsw­eise nicht in gastronomi­schen Betrieben jobben können. Sie bleiben bei ihren Eltern wohnen. Freymuth: „Die Anzahl der Wohnungen ist in Oldenburg nicht mehr das Problem, aber deren Bezahlbark­eit.“

Franziska Puczich vom Studentenw­erk ist zuversicht­lich, hofft durch den Erfolg der Impfungen auf ein Ende der Krise. Für das Winterseme­ster lägen jedenfalls viele Anfragen von jungen Leuten vor, die in Oldenburg studieren wollen und auf der Suche nach einer Wohnung sind. Ob sich die Arbeitswel­t auf die Zeit vor Corona zurückentw­ickeln wird, bleibt abzuwarten.

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BILD: Thomas Husmann Hier wird gebaut: Unmittelba­r neben einem großen Studentenw­ohnheim entsteht am Pophankenw­eg eine Kindertage­sstätte.

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