Lastenräder bringen Handel steigende Nachfrage
Vor allem Modelle zum Transport von Kindern gefragt – Neue Einsatzfelder für Unternehmen – Corona als Treiber
Oldenburg – Ein Lastenrad hat in den Augen vieler Kunden drei Räder und große Aufbauten vorne oder hinten. „Vor allem Frauen fragen zuerst nach diesen Modellen, wenn sie sich für ein Lastenrad interessierten“, erzählt Till Wilczkowski. „Wenn sie mehrere Räder ausprobiert haben, entscheiden sie sich aber oft für ein Rad mit zwei Rädern“, berichtet der Geschäftsführer des auf Lastenfahrräder spezialisierten Händlers „Tretlaster“.
Das Angebot an Lastenrädern ist riesig – und wächst immer weiter. Neben den klassischen Long John und DreiRädern sind nach Beobachtung von Michael Ottens sogenannte Kompakträder im Kommen – sie eignen sich zum Lastentransport, sind aber auch sonst vielseitig einsetzbar. „Viele Kunden wollen zwar Einkäufe oder sperrige Gegenstände transportieren können, aber kein Riesenrad mit deutlich über zwei Meter Länge“, sagt der Chef des Fachgeschäfts „ol-e Urban Mobil“, das sich als Spezialist für alternative Mobilität versteht.
■ Rad ersetzt Auto
„Wir beobachten vermehrt, dass Leute überlegen, ein Auto durch ein Lastenrad zu ersetzen“, berichtet Jonas Balbasus vom Geschäft „Die Speiche“. Der Lastenrad-Zuschuss durch die Stadt Oldenburg setze „spürbare Kaufanreize“.
Definitiv Handlungsbedarf sieht Balbasus bei den Stellflächen. „Da muss die Stadt mehr Möglichkeiten schaffen.“Seit 2020 sei es möglich, Autostellplätze in Stellplätze für Lastenräder umzuwandeln – „dafür reicht ein Verkehrsschild“.
Der Preis spielt nach Einschätzung der Händler zwar eine wichtige, aber keine entscheidende Rolle. „Wer sich für ein Lastenrad interessiert, hat meist einen konkreten Nutzen vor Augen.“Wenn es den Zweitwagen ersetze, sei das Lastenrad ökonomisch deutlich günstiger, „vom ökologischen Vorteil ganz abgesehen“, sagt Wilczkowski.
Bei den Preisen gebe es Spielraum nach unten, sagt der „Tretlaster“-Chef. Lastenräder seien derzeit ab 2000 Euro erhältlich. Je nach Modell und Hersteller steigt der Preis aber schnell auf 4000 bis 5000 Euro oder darüber. „Ich erwarte, dass sich das wachsende Angebot an Modellen und Stückzahlen preisdämpfend auswirkt“, sagt Wilczkowski.
■ Treiber für Verkauf
Neben Kindertransport im Privatbereich sieht der Fachhandel die gewerbliche Nutzung als Treiber beim Verkauf.
„Ein Lastenrad ist im Unterhalt günstiger als ein Auto, flexibler einsetzbar, und es kann ohne Führerschein gefahren werden“, sagt Wilczkowski. Notwendig sei eine höhere Bereitschaft, Lieferprozesse zu überdenken. „Damit tun sich viele Betriebe noch schwer“, sagt der Lastenrad-Fan. Ein Gegenbeispiel ist ein Entsorgungsunternehmen,
das kürzlich Lastenräder für das Sammeln von Gelben Säcken auf Spiekeroog erworben hat – eine Premiere in dem Sektor.
■ Außer-Haus-Verkauf
„Durch Corona wurden Lieferdienste wichtiger, mehrere Firmen haben für den AußerHaus-Verkauf
Lastenräder angeschafft“, bestätigt Balbasus diese Entwicklung. „Die Einsatzmöglichkeiten werden immer breiter“, freut sich Ottens.
„Wir haben schon ein Lastenrad an einen Schornsteinfeger verkauft und ein anderes an einen Liebhaber von Radreisen“, sagt Ottens, „und diese Spezialisierung geht weiter“.
Wichtige Impulse setzen nach Ottens Erfahrung Diensträder. „Immer mehr Unternehmen ermöglichen Beschäftigten, über Gehaltsumwandlung ein Lastenrad zu kaufen. Das nehmen vor allem junge Leute sehr gern an.“
Berichte zum Thema Fahrrad und zum NWZ-Lastenradtest unter NWZonline.de/fahrrad-oldenburg