Fall Qosay K. beschäftigt Behörden
Anwältin erhebt Vorwürfe – Widersprüchliche Angaben zur Festnahme in Delmenhorst
Delmenhorst – Der Fall beginnt mit einem Polizeieinsatz im Delmenhorster Wollepark, am Ende ist der kontrollierte 19-Jährige tot. Ob es einen direkten Zusammenhang gibt, ist unklar. Während die Polizei von einem tragischen Unglücksfall spricht, erheben Freunde und Familie des Toten schwere Vorwürfe gegen die Einsatzkräfte. Die Familie hat sämtliche an dem Einsatz beteiligte Polizisten und Rettungskräfte angezeigt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung und der unterlassenen Hilfeleistung. Polizei und Staatsanwaltschaft wollen sich aktuell nicht zu den Vorwürfen äußern, verweisen auf die Ermittlungen.
Die Kontrolle
Über den Ablauf der Kontrolle am Abend des 5. März ist folgendes bekannt: Zwei Polizisten in Zivil sprechen zwei junge Männer an, die gerade einen Joint rauchen wollen. Der 19-Jährige rennt weg, wird aber schnell eingeholt. Es kommt zu einer Auseinandersetzung, die Beamten setzen nach eigenen Angaben körperliche Gewalt und Pfefferspray ein. Sie überwältigen und fixieren den 19-Jährigen.
Zeugen berichten, dass der Mann in Handschellen gefesselt auf dem Boden lag und ein Polizist auf seinem Rücken kniete. Die Beamten alarmierten einen Rettungswagen – routinemäßig nach dem Einsatz von Pfefferspray. „Eine Behandlung durch Rettungskräfdes te lehnte der 19-Jährige jedoch ab“, schreibt die Polizei. Der Freund des Opfers berichtet, der Festgenommene habe gesagt, dass ihm schlecht und schwindelig sei, dass er schwer Luft bekomme. Die Beamten brachten den Mann in eine Gewahrsamszelle, wo er zusammenbrach. Er kam ins Krankenhaus und starb.
Bisherige Erkenntnisse
Die Zahl der Beschuldigten will der Sprecher der Staatsanwaltschaft nicht nennen. Belastbare Hinweise darauf, dass der Tod des 19-Jährigen fremdverursacht war, gebe es bislang nicht. Aber: „Es ist bei der derzeit noch nicht vollständigen Erkenntnislage schlichtweg nicht möglich, eine hinreichend
fundierte Aussage über die Todesursache des jungen Mannes zu treffen“, so die Staatsanwaltschaft.
Nach ersten Ergebnissen der rechtsmedizinischen Untersuchung starb der Mann an einem Multiorganversagen,
weitere Untersuchungen sollen folgen.
Anwältin Lea Voigt fordert eine restlose Aufklärung. Es sei Aufgabe der Ermittler herauszufinden, warum ein junger, munterer Mann starb. Voigt kritisiert, dass Polizei und
Rettungsdienst direkt öffentlich von einem Unglücksfall sprachen, obwohl die Hintergründe völlig unklar waren. „Das lässt auf eine bestimmte Haltung, auf einen Mangel an Fehlerkultur und Aufklärungsinteresse schließen.“