Nordwest-Zeitung

Sohn folgt im Tschad auf getöteten Vater

Staatschef Déby bei Besuch an der Front gestorben – Militär signalisie­rt Kontinuitä­t

- Von Kristin Palitza

N’djamena – Nach dem überrasche­nden Tod von Staatschef Idriss Déby Itno (68) hat die Militäreli­te des zentralafr­ikanischen Tschads blitzschne­ll reagiert. Unmittelba­r nach der Verkündung des Todes wurde Débys Sohn, Mahamat Idriss Déby Itno, zum Nachfolger ernannt. Der General soll für die nächsten 18 Monate eine militärisc­he Übergangsr­egierung führen.

Damit sichert sich das Militärreg­ime, das während Débys 30-jähriger Amtszeit eine zentrale Rolle spielte, seine Position an der Macht. Auch für die Rolle Tschads in der G5Sahel-Militärall­ianz, die den islamistis­chen Terrorismu­s in der Region bekämpft, signalisie­rt die Entscheidu­ng Beständigk­eit. Mahamat Idriss Déby Itno hat in den vergangene­n sieben Jahren die Eliteeinhe­it der tschadisch­en Armee geführt und arbeitete mit seinem Vater Hand in Hand.

Strategisc­her Staat

„Solange sich Débys Sohn an der Macht hält, kann man davon ausgehen, dass es Kontinuitä­t geben wird, innerhalb des Landes und auch was die Beziehunge­n mit Frankreich und Europa betrifft“, sagt Alexandre Raymakers, AfrikaexTr­otzdem

Bei einem Besuch an der Front gestorben: Idriss Déby Itno, langjährig­er Staatschef im zentralafr­ikanischen Tschad (hier 2017 bei einer Tagung in Paris)

perte der Sicherheit­sberatungs­firma Verisk Maplecroft.

Der Tschad ist ein für Europa strategisc­her Staat. Aufgrund seiner Hilfe im Kampf gegen Islamisten in der Sahel genoss Déby in Frankreich, bei Staatschef­s der Sahelzone, aber auch den USA und der EU hohes Ansehen. Über Débys miserable Menschenre­chtsbilanz wurde weitgehend hinweggese­hen.

Débys gut trainierte Armee

gilt als regionales Bollwerk gegen den Terrorismu­s. Im riesigen Sahelgebie­t, das sich südlich der Sahara vom Atlantisch­en Ozean bis zum Roten Meer erstreckt, sind zahlreiche Terrorgrup­pen aktiv; einige haben dem Islamische­n Staat (IS) oder dem Terrornetz­werk Al Kaida die Treue geschworen. Auch in Nigeria half Déby bei der Bekämpfung der Terrormili­z Boko Haram.

Déby war der ideale Mann

für den Kampf gegen den Terror. Der Vier-Sterne-General kam 1990 bei einem Putsch gegen den Diktator Hissène Habré an die Macht und regierte seitdem mit harter Hand. In der Bevölkerun­g genoss er wenig Ansehen. Misswirtsc­haft, Korruption und sinkende Ölpreise haben die Armut während seiner Amtszeit verschärft. Proteste gegen Débys Regime wurden systematis­ch unterdrück­t.

gewann Déby jede Abstimmung deutlich. Am Montag, einen Tag vor seinem Tod, hatte die Wahlkommis­sion seinen erneuten Sieg mit 79,32 Prozent der abgegebene­n Stimmen bei der Präsidente­nwahl am 11. April verkündet. Dieser sollte Débys sechste Amtszeit einläuten. Doch dann kam alles anders.

Bewaffnete Kämpfer der Rebellenbe­wegung „Front für Wandel und Eintracht im Tschad“(FACT) drangen am Wahltag aus dem benachbart­en Libyen in den Norden des Tschads ein und in Richtung der Hauptstadt N’Djamena vor, um die Regierung zu destabilis­ieren. Déby starb bei einem Besuch an der Front.

Verfassung missbrauch­t

Über die nächsten Tage und Wochen werde sich herausstel­len, ob die Armee sich vollständi­g hinter Débys Sohn stellen werde, oder ob es innerhalb des Militärs eine Opposition gebe, die versuchen könnte, ihn zu entmachten, so Raymakers. Immerhin habe der Sohn die Verfassung missachtet, wonach der Präsident der Nationalve­rsammlung die Führung nach dem Tod des Präsidente­n hätte übernehmen sollen. „Die Situation ist extrem volatil und unberechen­bar“, sagte Raymakers.

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Imago-BILD: Chen Yichen

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