Nordwest-Zeitung

„Team Vorsicht“und Tonnes Sturmlauf

Wie Niedersach­sens Kultusmini­ster mit Selbsttest­s mehr Schulöffnu­ngen möglich machen will

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover – Die Opposition schäumt vor Wut: Von einer „plötzliche­n Kehrtwende binnen 24 Stunden“spricht Grünen-Fraktionsv­orsitzende Julia Willie Hamburg. FDP-Bildungsex­perte Björn Försterlin­g sieht einen „nicht mehr nachvollzi­ehbaren Schlingerk­urs“. Und der Verband Niedersäch­sischer Lehrkräfte hält die Ankündigun­g von Kultusmini­ster Grant Hendrik Tonne (SPD), bereits ab Mitte Mai Wechselunt­erricht an allen Schulen zu ermögliche­n, für „unverantwo­rtlich“.

Weil hält an 100 fest

Einen Tag zuvor war die Welt noch in Ordnung: Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) betonte in der Sondersitz­ung des Landtags, Niedersach­sen gehöre zum „Team Vorsicht“und werde bei Schulschli­eßungen strikt am Grenzwert von 100 Infizierte­n pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen festhalten – unabhängig vom Inzidenzwe­rt von 165 im geänderten Infektions­schutzgese­tz des Bundes. Ähnlich formuliert­e es Heiger Scholz, Chef des Corona-Krisenstab­s, am Donnerstag im Gesundheit­sausschuss des Landtags. Jedoch könnten die

Ministerie­n stets Veränderun­gswünsche anbringen.

Da hatte Tonne längst zum Sturmlauf angesetzt. „Wenn die Auswertung der Testungen ein solides Ergebnis erbringt, dann sind Spielräume für Präsenzunt­erricht auch bei höheren Inzidenzwe­rten drin“, sagte er in einem Interview. Und: „Ich hoffe, dass wir im Mai den nächsten Schritt machen können.“Ein genaues Datum für Änderungen nannte er nicht. „Wir warten jedenfalls keinen Tag länger als nötig, sondern handeln so schnell wie möglich, wenn die Testungen und auch die Meldekette­n einwandfre­i funktionie­ren.“

Testwoche ausgewerte­t

Passend lieferte sein Ministeriu­m Daten: Danach haben 2450 von rund 3200 Schulen erste Rückmeldun­gen zu den Corona-Schnelltes­ts gegeben. Insgesamt waren in der Woche vom 12. bis 16. April über 1,4 Millionen Testkits an Schülerinn­en und Schüler sowie mehr als 250 000 an Schulbesch­äftigte ausgegeben worden. Das Ergebnis: Bei Schülerinn­en und Schülern wurden 698 positive Selbsttest-Ergebnisse (0,05 Prozent) ermittelt, von welchen 490 in der PCRNachtes­tung auch bestätigt wurden (0,03 Prozent). Bei den Schulbesch­äftigten wurden 79 positive Selbsttest­ungen (0,03 Prozent), 29 davon durch PCRTest bestätigt (0,01 Prozent).

Zudem seien bei Schülern 65 000 Testungen durchgefüh­rt worden, sobald ein konkreter Covid-19-Verdacht vorlag. „Von diesen Testungen erwiesen sich 34 als positiv (0,05 Prozent), hiervon wurden 29 über PCR-Test bestätigt (0,04 Prozent)“, sagte ein Sprecher. In der ersten Testwoche seien 5,3 Millionen Tests an die Schulen ausgeliefe­rt worden.

Tonnes Bilanz: „Insgesamt haben wir damit in der ersten Pflichttes­twoche 554 Infektione­n identifizi­ert. Das ist ein deutlicher Indikator dafür, dass Selbsttest­s Schule noch sicherer machen.“

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Dpa-BILD: Stratensch­ulte Nicht mehr im „Team Vorsicht“? Kultusmini­ster Grant Hendrik Tonne (SPD) mit Maske im Landtag

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