Nordwest-Zeitung

900 E-Scooter rollen durch die Stadt

Dritter Anbieter auf dem Markt – Neuerung bei Absprachen zwischen Verleihern und Stadt

- Von Patrick Buck

Von einem solchen Komplettse­rvice beim Zahnarzt hat Theobald noch nie gehört. Am Dienstag war’s: Da hatte ein Oldenburge­r, den seit dem Vorabend Zahnschmer­zen plagten, einen Spontanter­min beim Arzt in Ofenerdiek bekommen. Schmerzfre­i verließ er später die Praxis, um festzustel­len, dass sein Auto nicht mehr ansprang. Er hatte in der Hektik das Licht brennen lassen und zu Hause das Handy vergessen. Also: Wieder rein in die Praxis. Von dort aus durfte er den ADAC-Pannendien­st anrufen. Und bekam die Info, dass in etwa 90 Minuten jemand kommen könne. „Ich frage den Doc nach einem Startkabel“, sagte die Zahnmedizi­nische Fachangest­ellte. Dann ging alles ganz schnell: Der Zahnarzt nahm die Sache in die Hand. Er setzte sich in sein Auto, fuhr zu dem des Patienten, schloss die Startkabel an – und der Motor lief. Ein „Gelber Engel” im Arztkittel, staunt mit offenem Mund

theobald@NWZmedien.de

Oldenburg – Seit knapp einem halben Jahr rollen die elektrisch angetriebe­nen Tretroller (E-Scooter) in großer Zahl durch Oldenburg. Gab es vorher nur einige wenige Privatleut­e, die mit den seit 2019 legalisier­ten Flitzern in der Stadt unterwegs waren, starteten im September 2020 nahezu zeitgleich zwei Verleihanb­ieter. Zusammen verteilten sie zunächst rund 300 Roller im Stadtgebie­t. Diese Zahl ist enorm gestiegen – auch weil ein dritter Mitspieler Oldenburg für sich entdeckt hat.

Seit dem 1. April ist neben den Verleihern „Bird“und „Tier“auch der Anbieter „Lime“am Start. Die hellgrünen Roller sind bereits im Stadtgebie­t verteilt. Was auffällt: Im Gegensatz zu den Rollern der Konkurrent­en handelt es sich sichtlich nicht um Neuware. Mutmaßlich waren sie zuvor schon in anderen Städten im Einsatz. Eine Anfrage unserer Redaktion an das Unternehme­n blieb unbeantwor­tet.

Dementspre­chend gibt es auch keine näheren Informatio­nen zum Betrieb (Aufladen, Eingreifen bei Abstellpro­blemen, etc.) der Roller in Oldenburg. Tier zum Beispiel setzt nach eigenen Angaben auf eigenes Personal und Akkuaustau­sch, Bird auf Dienstleis­ter und das Einsammeln der Roller zum Aufladen.

Neuer Anbieter

Aktueller Stand

Nach Angaben der Stadt sind inzwischen fast 900 E-Scooter zum Leihen in der Stadt verteilt. Sie alle funktionie­ren nach einem ähnlichen Prinzip: Über eine Smartphone­App werden sie von den Nutzern freigescha­ltet. Neben einem Grundpreis (1 Euro) wird eine Gebühr pro Minute fällig (zwischen 19 und 25 Cent, je nach Anbieter verschiede­ne Vergünstig­ungen). Grundsätzl­ich kann das Gerät nach dem Ende der Fahrt

Gehören mittlerwei­le zum Stadtbild: Die E-Scooter werden mit einem Elektromot­or angetriebe­n. Rund 900 dieser Geräte haben Verleiher in Oldenburg verteilt.

überall nach den Regeln der Straßenver­kehrsordnu­ng abgestellt werden.

In Absprache mit der Stadt haben die Anbieter aber verschiede­ne Bereiche definiert (zum Beispiel die Fußgängerz­one, Grünfläche­n, Friedhöfe), in denen das Abstellen tabu ist, die Leihe also nicht beendet werden kann. Unterschie­de gibt es zudem bei der Ausdehnung der Geschäftsg­ebiete im Bereich der Stadtteile.

Sondernutz­ung

Ursprüngli­ch herrschte die Ansicht, dass das Leihangebo­t kein genehmigun­gspflichti­ges Geschäft sei. Daher setzte die Stadt auf freiwillig­e Selbstverp­flichtunge­n, mit denen die Anbieter zur Einhaltung gewisser Regeln motiviert werde sollten. Allerdings gab es im November 2020 einen Beschluss des Oberverwal­tungsgeric­hts Münster, dass es sich bei dem Geschäftsm­odell um

eine Sondernutz­ung handele.

In der Folge mussten die Verleiher bei der Stadt eine Sondernutz­ungserlaub­nis beantragen. „Die straßenbez­ogenen Auflagen und Bedingunge­n der Sondernutz­ungserlaub­nis

sind zum Teil aus der vorherigen freiwillig­en Selbstverp­flichtung entnommen und bieten jetzt einen höheren Grad an Verbindlic­hkeit“, so Stadtsprec­her Reinhard Schenke. Stand jetzt würden

alle drei Anbieter die Regeln akzeptiere­n und die vereinbart­e Sondernutz­ungsgebühr an die Stadt entrichten.

@ E-Scooter – Fluch oder Segen? Umfrage unter: www.bit.ly/nwzescoote­r

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BILD: Sascha Stüber
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