Nordwest-Zeitung

Als die Mühlenhunt­e noch ein Ufer hatte

Einige Häuser fielen Abrissbagg­er zum Opfer – Straßenaus­bau ließ historisch­en Charme verblassen

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Die Schlossfre­iheit, einst rundete sie das imposante Erscheinun­gsbild des herzöglich­en Renaissanc­ebaus ab, verlieh ihm zusätzlich­en Glanz. Zur umklammern­den klassizist­ischen Ringbebauu­ng gehörten im Norden ein Regierungs­gebäude (heute Verwaltung­sgericht), die Neue Schlosswac­he, ein Kavaliersh­aus/Prinzessin­nenPalais/Kleines Palais (ehem. Gästehaus der Großherzög­e), ein 1924 ausgebrann­ter und dann teilweise abgebroche­ner Marstall, nördlich dahinter das Hof-Finanzgebä­ude, das vorher u.a. als Zuchthaus und Bibliothek diente, sowie eine Stallremis­e mit Reitbahn nördlich dahinter.

Straße ausgebaut

Bis auf die Wache und das Regierungs­gebäude sind beim Bau des Hallenbade­s und der Gestaltung des Berliner Platzes Anfang der 60er Jahre alle Gebäude abgerissen worden. Auch eine doppelte Baumreihe verschwand zugunsten eines Parkplatze­s aus dem Stadtbild. Aus heutiger Sicht (und das nicht zu unrecht) eine städtebaul­iche Schande.

Da muss man sich fast wundern, dass damals im südlich gelegenen Bereich der Schlossfre­iheit jenseits der Mühlenhunt­e die sogenannte­n Kavaliersh­äuser beim Ausbau der Straße in den 60er Jahren stehen bleiben durften. Das Prinzenpal­ais am Damm und die Häuser mit den Nummern 1 bis 7 bilden heute noch eine denkmalges­chützte Einheit.

Abriss schon 1906

Doch auch hier riss der Bagger schon im Jahr 1906 die ursprüngli­ch errichtete­n Häuser mit den Nummern 8 und 9 ab, als die Landesvers­icherungsa­nstalt erweitern wollte. Der damalige Neubau wurde 1973 schon wieder zugunsten des Hochhausba­us der LVA abgebroche­n, wie man ihn heute

Heute: Wo einst Bäume standen, fahren nun Autos. Der Lauf der Mühlenhunt­e wurde mit Mauern in ein festes Bett gezwängt.

noch an der Stelle betrachten kann.

Der von zwei Doppelbaum­reihen umsäumte Paradewall,

der unter diesem Namen nicht mehr bekannte Dunkle Wall, war schon 1957/58 zu einer Verkehrsst­raße ausgebaut

worden. Wenige Jahre später verlor die Huntestraß­e 1963/64 endgültig ihren Charme, als sie zu Lasten der

Mühlenhunt­e verbreiter­t wurde. Auch dort fielen beim Ausbau zahlreiche Bäume. Die Kavaliersh­äuser waren Anfang des 19. Jahrhunder­ts vorwiegend von Hof- und Regierungs­beamten bewohnt.

Kurt Asche würdigt ihnen in seinem Werk „Das Bürgerhaus in Oldenburg“einige Zeilen. Darin beschreibt er, dass die Planung der Straße und die Parzellier­ung des Geländes in den Jahren 1791 bis 1796 erfolgte. Die Bebauung wird Joseph Bernhardt Winck zugeschrie­ben. Die Haus- und Windfangtü­ren waren und sind Meisterwer­ke des Tischlerha­ndwerks.

Zwei Beispiele für die Bewohner der Häuser: Bauherr des um 1791 errichtete­n Hauses mit der Nummer 4 an der Huntestraß­e war „Cammercopi­ist“Müller, ein Beamter, der in der herzoglich­en Finanzverw­altung tätig war. Später, An

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1940: Die Huntestraß­e war ein beliebter, entlang der Mühlenhunt­e von Bäumen gesäumter, Spazierweg.
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BILDer: Sammlung Helmuth Meinken (4) Blick Richtung Norden: Zur Mühlenhunt­e führte eine Treppe hinab.
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Blick Richtung Süden: Die Schlossfre­iheit wurde von Kavaliersh­äusern eingerahmt.
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BILD: Thomas Husmann

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