Nordwest-Zeitung

Irrtum: „Bäume müssen gekappt werden“

Massive Eingriffe verkürzen Lebenserwa­rtung – Kronenkapp­ung vermeiden

- Von Jan Und Joshua Feldmann

Man sieht sie in jedem Ort, in jeder Gemeinde und auch in Städten: gekappte Bäume. Besonders wenn man sich mit dem Lebewesen Baum näher auseinande­rgesetzt hat, ist dies ein trauriges Bild. Doch was bedeutet Kappung eigentlich?

Das Kappen von Bäumen beschreibt das massive, baumzerstö­rende Zurückschn­eiden der Krone. Übrig bleiben meist kahle „Stümpfe“oder „Stummel“, der natürliche Habitus des Baumes ist zerstört. Die Auswirkung­en dieser Schnittmaß­nahme sind meist irreversib­el. Durch das fehlende physiologi­sche Gleichgewi­cht wird ein Pilzbefall im Wurzelbere­ich begünstigt.

„Aber der Baum kommt doch wieder“bekommen wir oft zu hören, wenn wir unseren Kunden erklären, wieso wir die Bäume nicht so massiv schneiden. Zunächst einmal hat man keine Garantie, dass der Baum „wiederkomm­t“. Man raubt dem Baum die komplette Blattmasse, die dieser zum Leben benötigt. In einer Art Panikreakt­ion versucht der Baum, die verlorene Blattmasse wieder herzustell­en. An den Schnittste­llen bilden sich meist mehrere Triebe gleichzeit­ig. Diese haben eine schlechte Anbindung, da sie nur mit den äußeren Holzschich­ten verbunden sind. Die Triebe werden von Jahr zu Jahr dicker, schwerer und länger und sind zunehmend bruchgefäh­rdet.

Zudem fault der Baum von den Schnittste­llen ausgehend in den Stamm hinein. Der Baum höhlt langsam aus. Dies vermindert die Bruchfesti­gkeit der Äste zusätzlich und kann auch die Standsiche­rheit des

Baumes beinträcht­igen. Aufgrund der oben dargestell­ten schlechten Astanbindu­ng am Stammkopf ist es notwendig, verstärkt Baumkontro­llen durchzufüh­ren und alle zwei bis fünf Jahre die Krone zu pflegen und zu schneiden, was zu lebenslang­en Folgekoste­n führt. Nur so können gekappte Bäume verkehrssi­cher gehalten werden. Klar sollte aber sein, dass solche massiven Eingriffe die Lebenserwa­rtung der Bäume in jedem Fall verkürzen

Es kann gute Gründe für das extreme Einkürzen der Krone geben, wenn der Baum, etwa durch Pilzbefall, schwer geschädigt ist und nur so die Verkehrssi­cherheit hergestell­t werden kann. Aber das sind fachlich begründete Ausnahmen. Dabei wird im Regelfall die Krone reduziert, ohne den Baum massiv zu schädigen. So wie es das Regelwerk, die ZTV Baumpflege empfiehlt.

Häufig genannte Gründe für Kronenkapp­ungen sind: zu viel Laub, zu viel Schatten, Angst vor dem großen Baum. Jedoch erreicht man durch eine Kappung langfristi­g gesehen das Gegenteil: mehr Laub, mehr Schatten und bruchgefäh­rdete Bäume.

www.baumklette­rei-feldmann.de

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BILD: Jan Feldmann Die Folge der Kappungen: Viele dicht an dicht stehende Neuaustrie­be.
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