Nordwest-Zeitung

Kanzler-Amtszeit begrenzen?

- Alexander Will, Mitglied der Chefredakt­ion

Zwei Amtszeiten – dann ist Sense. So läuft das für die Präsidente­n in den USA. In Deutschlan­d ist das anders: Angela Merkel ist nun rund 16 Jahre als Kanzlerin am Ruder. Muss das sein? Ist das gut für die Demokratie? Verknöcher­t so nicht die Politik? Die Diskussion um Amtszeit-Begrenzung­en nimmt auch hierzuland­e Fahrt auf. Nun hat auch der niedersäch­sische CDUChef Bernd Althusmann so einen Vorschlag gemacht.

Sowohl dafür als auch dagegen gibt es gute und überzeugen­de Argumente. Meine Kollegen Hermann Gröblingho­ff und Stefan Idel haben sie im NWZ-Pro-und-Contra aufgeschri­eben. Wer liegt richtig? Entscheide­n Sie selbst!

Es ist traurig, dass wir nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie noch immer nicht gelernt haben, dass die Inzidenz nicht als einziger Richtwert für Maßnahmen gegen das Virus dienen kann. Die jüngst in Kraft getretene Bundesnotb­remse mit ihren fest an die Inzidenzwe­rte gekoppelte­n Maßnahmen ist nur der Gipfel, der die ganze Absurdität dieses Systems aufzeigt.

Das ist nicht nur rechtlich gesehen höchst fragwürdig, sondern auch gefährlich. Denn nur wenn Maßnahmen nachvollzi­ehbar sind, ist die Akzeptanz hoch. Doch leider liegt genau darin die Krux. Ein Großteil der Einschränk­ungen ist der Bevölkerun­g nicht mehr vermittelb­ar. Und führt dazu, dass sich immer mehr Menschen ihre eigenen Corona-Regeln schaffen.

Auf Wissenscha­ft hören

Seit Monaten sprechen Wissenscha­ftler darüber, dass auch andere Faktoren, etwa die Zahl der Geimpften in einem Gebiet, mit einbezogen gehören. Die jetzige Beschneidu­ng der Freiheitsr­echte muss sehr gut begründet sein. Dass das aber nicht der Fall ist, zeigen mehrere Klagen vor dem Bundesverf­assungsger­icht – vor allem gegen die in der Bundesnotb­remse verankerte Ausgangssp­erre. Liegt die Inzidenz drei Tage lang über 100, so greift die Sperre von 22 bis 5 Uhr – ausgenomme­n, jemand möchte zwischen 22 und 0 Uhr noch allein joggen oder spazieren gehen. Aber allein im Auto zu fahren, ist nicht erlaubt. Absurd!

Dass unterschie­dliche Inzidenzwe­rte kursieren, nun aber die des Robert Koch-Instituts gelten, hat jüngst auch für Verwirrung gesorgt. Es entsteht leider immer wieder der Eindruck, dass irgendetwa­s beschlosse­n werden muss – leider bleibt die Sinnhaftig­keit dabei häufig auf der Strecke.

Ein Flickentep­pich

Denn was sagt die Inzidenz aus? Jedenfalls nichts über die Belegung der Intensivbe­tten – der wichtigste Faktor. Denn auch bei einer relativ hohen Inzidenz können nur wenige schwere Verläufe dabei sein. Das ist auch der Grund, warum etwa die Schweiz nun schrittwei­se wieder öffnet. Die Inzidenz ist ähnlich hoch wie in Deutschlan­d, aber es gibt genügend Intensivbe­tten.

Weitere Faktoren, die dringend einbezogen gehören: Wie weit wohnen die Menschen auseinande­r? Wie viele von ihnen sind bereits gegen Corona geimpft? Wird all das berücksich­tigt, klappt es auch mit der Akzeptanz. Das ist auch im Sinne der Gesundheit jedes Einzelnen.

@ Die Autorin erreichen Sie unter Wendt@infoautor.de

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