Nordwest-Zeitung

200 Geimpfte sind in Sorge

Nach Vorfall in Friesland melden sich Betroffene

- Von Melanie Hanz

Schortens – Bis Montagnach­mittag waren fast alle 200 Impflinge informiert und beruhigt: Am Samstag war bekannt geworden, dass im Impfzentru­m des Landkreise­s Friesland in Schortens-Roffhausen am 21. April statt Biontech-Impfstoff sechs Impflingen reine Kochsalzlö­sung gespritzt worden war. Einer Mitarbeite­rin des DRK-Jeverland, die Impfdosen mit Kochsalzlö­sung anmischte und auf Spritzen zog, war ein Fläschchen herunterge­fallen. Statt den Vorfall zu melden, hatte sie ihn vertuscht. So erhielten sechs Impflinge zwar eine Spritze, aber keinen Impfstoff.

Der Kreis Friesland hatte nach Bekanntwer­den des Vorfalls alle 200 Personen, deren Impfung am Mittwoch bis 13 Uhr anstand, kontaktier­t und ein Bürgertele­fon für sie eingericht­et. Seit Bekanntwer­den des Falles hätten sich bis Montagmitt­ag etwa 60 Betroffene beim Krisenstab gemeldet, sagte eine Kreissprec­herin. Die Impflinge seien in Sorge aber auch dankbar, dass ihre Impfungen nun zeitnah überprüft werden. Per Antikörper­test wird nun bei allen 200

Impflingen geprüft, wer keinen Impfstoff erhalten hat. Bei ihnen wird die Corona-Impfung am 12. Mai nachgeholt.

Die Polizei geht einem möglichen Körperverl­etzungsdel­ikt nach. Die beschuldig­te DRK-Mitarbeite­rin hatte in ersten Vernehmung­en am Wochenende umfassend ausgesagt, sagte Wilhelmsha­vens Polizeiche­f Heiko von Deetzen: Sie wirke glaubwürdi­g – so sei mit einiger Sicherheit davon auszugehen, dass sie nicht mehr als sechs Impfdosen durch Kochsalzlö­sung ersetzt hat, sagte er.

Roffhausen – Der Vorfall im Impfzentru­m Roffhausen bewegt nicht nur den Landkreis Friesland als Betreiber. Am Samstag war bekannt geworden, dass eine DRK-Mitarbeite­rin am 21. April beim Vorbereite­n der Impf-Spritzen sechsmal reine Kochsalzlö­sung statt Biontech-Impfstoff aufgezogen hat; ihr war ein Impfstoff-Fläschchen herunterge­fallen, das Fläschchen ging daraufhin kaputt.

Statt das Missgeschi­ck zu melden, vertuschte sie es, erzählte aber später einer Kollegin davon, die den Vorfall dann meldete. Die Mitarbeite­rin wurde daraufhin fristlos entlassen.

„Der Vorfall ist erschütter­nd und bedauerlic­h für alle

Gliederung­en des Deutschen Roten Kreuzes“, teilt dazu Anne-Christin Weller, Sprecherin des DRK-Landesverb­ands Oldenburg, mit. Er sei auf das Versagen einer einzelnen Person zurückzufü­hren und als negativer Einzelfall zu werten, so der DRK-Landesverb­and.

Dr. Markus Ennen, niedergela­ssener Arzt in Schortens, der auch Schichten im Impfzentru­m übernimmt, nennt den Vorfall ein „Unding“: „Natürlich gehört er untersucht“, sagt Ennen.

Doch es handele sich offensicht­lich um das eklatante Fehlverhal­ten einer einzelnen Mitarbeite­rin, das bereits aufgeklärt wurde und zu sofortigen Konsequenz­en geführt hat. „Aus meiner Sicht ist es damit aber auch erledigt“, so Ennen.

Die CDU-Bundestags­kandidatin Anne Janssen (Wittmund) wünscht sich, dass schnellstm­öglich aufgeklärt wird, warum die DRK-Mitarbeite­rin den Vorfall nicht sofort gemeldet hat.

„Aus meiner Zeit im Krankenhau­s weiß ich, dass so etwas passieren kann. Fällt eine Ampulle runter, muss der Verlust gemeldet oder wenigstens dokumentie­rt werden. Das kommt vor“, betont Janssen.

„Für unser aller Sicherheit ist es wichtig, dass sich Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r trauen, Fehler zuzugeben. Warum dies in diesem Fall nicht geschehen ist, kann ich natürlich nicht beurteilen. Trotzdem müssen wir achtgeben, nicht diejenigen zu verheizen, die jetzt für unsere Gesundheit geradesteh­en.“

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