Nordwest-Zeitung

Endlich mehr Freiheit wagen

- Von Stefan Vetter

Immer mehr Impfstoffe werden geliefert, und an immer mehr Stellen wird geimpft. Mittlerwei­le auch bei den Hausärzten. Demnächst zusätzlich bei den Betriebsär­zten. Seit Frühlingsb­eginn geht es mit dem Impfen deutlich aufwärts, ist der Knoten endlich geplatzt.

Dieser positive Trend muss jetzt allerdings auch durchschla­gende Konsequenz­en haben, was die Abschaffun­g von Einschränk­ungen für Geimpfte angeht. Das Ziel der Immunisier­ung besteht ja gerade darin, so schnell wie möglich wieder zur gesellscha­ftlichen Normalität zurückzuke­hren. Wenn immer mehr Menschen geimpft sind, gibt es immer weniger Grund, bei ihnen an Einschränk­ungen festzuhalt­en. Die Wiederhers­tellung gewohnter Freiheiten ist ja kein politische­s Geschenk, sondern ein verfassung­srechtlich­es Gebot.

Auf dem Impfgipfel von Bund und Ländern wurde nun darüber debattiert, vollständi­g Geimpfte mit Genesenen und Getesteten gleichzust­ellen. Das heißt in der Praxis zum Beispiel reisen ohne Quarantäne oder Friseurbes­uch ohne Test. Das klingt sicher gut, ist aber zu wenig. Schließlic­h geht das Robert Koch-Institut selbst davon aus, dass Geimpfte und Genesene sogar noch ein geringeres Risiko haben, andere Menschen anzustecke­n, als negativ Getestete. Damit stellt sich die Frage, warum für Geimpfte dann zum Beispiel trotzdem die Ausgangssp­erre gelten soll wie für alle anderen auch. Oder, warum sie sich nicht mit mehreren ebenfalls Geimpften treffen dürfen.

An dieser Stelle lassen Bund und Länder die Konsequenz noch vermissen. Gut möglich, dass ihnen die Gerichte auf die Sprünge helfen werden, zumal die Bundeskanz­lerin und die Ministerpr­äsidenten eine Abschaffun­g der Impfreihen­folge spätestens für Juni in Aussicht stellen. Wenn aber der Mangel an Impfstoff demnächst endgültig Geschichte ist, dann können sich alle immunisier­en lassen. Und spätestens dann müssen sämtliche Schranken für die Immunisier­ten fallen.

@ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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