Nordwest-Zeitung

Nur ein Placebo

- Von Stefan Idel

Ja, es stimmt: Drei Bundeskanz­ler aus den Reihen der Union waren länger als zwei Wahlperiod­en im Amt: Konrad Adenauer 14 Jahre, Helmut Kohl 16 Jahre und Angela Merkel wird im Herbst ebenfalls auf 16 Jahre kommen. Eine

Festlegung auf zwei Wahlperiod­en, wie es beispielsw­eise die US-amerikanis­che Verfassung für ihre Präsidente­n vorsieht, wäre ein Signal in Richtung Machtbegre­nzung.

Doch der gern zitierte Vergleich mit den USA hinkt. Nahezu jeder US-Präsident gilt zum Ende der zweiten Amtsperiod­e als „lame duck“, eine lahme Ente, weil sein Einfluss in absehbarer Zeit zum Erliegen kommt. Das Grundgeset­z setzt der Macht des Kanzlers oder der Kanzlerin schon durch die Mehrheitsb­ildung im Bundestag Grenzen. Die Aussicht, dass ein Regierungs­chef in der zweiten Wahlperiod­e „freier“agieren kann, ist vage. Vielmehr stimuliert die Begrenzung den Ehrgeiz der Riege aus Ministern und Fraktion, um ins Spitzenamt zu gelangen. Und gibt es durch neue Köpfe wirklich eine bessere Politik? Ein selbstbewu­sstes Parlament kann selbst Kataly

sator der Erneuerung sein.

Nein, Althusmann­s Vorstoß entlarvt vielmehr das wenig transparen­te Verfahren in seiner Partei bei der Kandidaten­findung und ist eher ein Placebo für die Mitglieder. In der Ära Merkel wurde die innerparte­iliche Erneuerung völlig versäumt. Der Streit des Duos Laschet/Söder belegt das. Da Althusmann trotz gegenteili­ger Meinung der Basis mithalf, „seinen“Kandidaten Laschet durchzuset­zen, wirkt sein Vorschlag unglaubwür­dig.

Die Begrenzung der Amtszeit macht vor allem Sinn bei einer Direktwahl des Kanzlers. Die gibt es in Deutschlan­d aus gutem Grund nicht. Also muss der Bundestag entscheide­n.

@ Den Autor erreichen Sie unter Idel@infoautor.de

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Stefan Idel ist landespoli­tischer Korrespond­ent dieser Zeitung in Hannover. Er wünscht sich ein selbstbewu­sstes Parlament.

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