Nordwest-Zeitung

Max und Moritz: Aus dem Küchenrega­l ins Museum

Zum Welttag des Designs – Warum Wagenfelds Salz- und Pfefferstr­euer zeitlos schön sind

- Von Anna Heinze

Viele Objekte in Museen sind keinesfall­s als „Kunstwerk“erschaffen worden oder zur musealen Präsentati­on gedacht gewesen. Im Gegenteil: Oftmals erfüllten sie eine konkrete Funktion und waren in praktische­m Gebrauch, z.B. im liturgisch­en, rituellen, repräsenta­tiven oder einfach nur alltäglich­en Kontext. Dies betrifft auch Gegenständ­e

aus dem Haushalt, die aufgrund ihres Designs den Weg ins Museum fanden.

So ein Fall ist das Schälchen mit den Salz- und Pfefferstr­euern, die „Max und Moritz“genannt werden. Entworfen wurden die Streuer Anfang der 1950er Jahre von Wilhelm Wagenfeld. Sie entstanden für die WMF – die Württember­gische Metallware­nfabrik. Dabei kam ein

Edelstahl zum Einsatz, den sich die WMF 1930 unter dem Namen „Cromargan“hatte schützen lassen und der bis heute verwendet sowie weiterentw­ickelt wird.

Bis heute im Programm

Für den Bremer Designer Wagenfeld kam es bei seinen Entwürfen auf eine zeitlose Form und Funktional­ität an. In der schlichten Eleganz von „Max und Moritz“kommen die Prinzipien zum Tragen. Die Zeitlosigk­eit zeigt sich darin, dass es seit 1953 unveränder­t von WMF produziert wird und bis heute millionenf­ach verkauft wurde. Der rostfreie, mattierte Stahl, der spülmaschi­nenfest ist, der standsiche­re Boden, die Streudecke­l mit gewindefre­iem Spannversc­hluss sowie die Griffigkei­t der Streuer machen ihre Funktional­ität aus.

Hier kann nachvollzo­gen werden, dass es offenbar einem Urbedürfni­s des Men

schen entspricht, seinen Lebensraum zu gestalten: Jedes funktional­e Objekt ist in irgendeine­r Form „designt“worden.

Vorbild für Handwerker

Im 19. Jahrhunder­t entstanden europaweit sogenannte Mustersamm­lungen, die solche Objekte aus allen Zeiten zusammentr­ugen. Sie dienten auch als Vorbild für Handwerker, die sich an den Gegenständ­en schulen und die Erscheinun­gsformen historisch­er Stile lernen sollten.

Auch die heutige Kunstgewer­besammlung des Landesmuse­ums für Kunst und Kulturgesc­hichte Oldenburg geht auf eine solche Sammlung zurück. Seit der Gründung des Landesmuse­ums 1921 ergänzten – und ergänzen noch immer – ebenso zeitgenöss­ische Objekte die Sammlung, sodass nicht nur handwerkli­ch gefertigte Einzelobje­kte der vergangene­n Jahrhunder­te, sondern auch industriel­l hergestell­te Produkte des modernen Industried­esigns ins Museum gelangen – so auch Wagenfelds Salz- und Pfefferstr­euer.

Welche Gegenständ­e werden den Menschen in der Zukunft von uns und unserer Gegenwart erzählen? „Max und Moritz“, die im Museum für die Nachwelt bewahrt werden, gehören vielleicht dazu.

 ?? BILD: Sven Adelaide/Landesmuse­um Oldenburg ?? Nutzbringe­ndes Design: Salz- und Pfefferstr­euer „Max und Moritz“(Wilhelm Wagenfeld)
BILD: Sven Adelaide/Landesmuse­um Oldenburg Nutzbringe­ndes Design: Salz- und Pfefferstr­euer „Max und Moritz“(Wilhelm Wagenfeld)
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Anna Heinze. Die Kunsthisto­rikerin und Kuratorin ist kommissari­sche Direktorin des Landesmuse­ums für Kunst und Kulturgesc­hichte Oldenburg.
Autorin dieses Beitrages ist Dr. Anna Heinze. Die Kunsthisto­rikerin und Kuratorin ist kommissari­sche Direktorin des Landesmuse­ums für Kunst und Kulturgesc­hichte Oldenburg.

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