Nordwest-Zeitung

Wenn es trotz Termin keine Impfung gibt

Nicht jede ärztliche Bescheinig­ung rechtferti­gt eine derzeitige Immunisier­ung

- Von Markus Minten

Eigentlich wollte er auf die Nordseeins­el Norderney, ausspannen und mit Freunden seinen 40. Geburtstag feiern, doch der Plan ging nicht auf. Flo ist der Mitbewohne­r von Theobalds Kollegin und musste am Samstag schon zum zweiten Mal seinen Geburtstag unter CoronaBedi­ngungen feiern, wie die Kollegin berichtete. Denn Gäste einladen ist – wie vor einem Jahr auch – nicht erlaubt.

Gefeiert worden sei dann trotzdem – im kleinen Rahmen der Wohngemein­schaft. Neben einem liebevoll zubereitet­en Frühstück des Mitbewohne­rs hätte das Geburtstag­skind auch ein FernwehBuc­h zum Träumen geschenkt bekommen. „Der anschließe­nde Spaziergan­g mit Bierpause ist auch super angekommen“, erzählte die Kollegin weiter. Eine rauschende Geburtstag­sfeier kann das natürlich nicht ersetzen. Aber so sind die Zeiten.

Lieber Flo, stellvertr­etend für alle Geburtstag­skinder, die im (ganz) kleinen Kreis feiern müssen: „Aufgeschob­en ist nicht aufgehoben und auf Regen folgt stets Sonnensche­in. Deine Freunde werden dich nicht vergessen und bei nächster Gelegenhei­t mit dir anstoßen. Alles Gute für das neue Lebensjahr“, wünscht

theobald@NWZmedien.de

Oldenburg – Wochenlang auf einen Impftermin gewartet und dann das: Trotz einer Zusage und einer Bestätigun­g des Hausarztes werden immer mal wieder Menschen am Impfzentru­m abgewiesen.

So geschehen auch am vergangene­n Freitag. Gleich zwei Betroffene meldeten sich in der Redaktion, eine Frau, die an Asthma und Morbus Crohn erkrankt ist und ein Schlaganfa­llpatient. Doch wie kommt es dazu?

Gesetz regelt Priorität

Andreas Schiefbahn, Leiter des Oldenburge­r Impfzentru­ms in den Weser-Ems-Hallen, verweist auf das Gesetz. In der Coronaviru­s-Impfverord­nung ist geregelt, welcher Personenkr­eis höchste, hohe oder erhöhte Priorität haben. Eine Reihe schwerer medizinisc­her Indikation­en, die eine Aufnahme in die derzeit zu impfende Bevölkerun­gsgruppe regelt, ist dort ebenfalls explizit genannt.

Aber eben auch ein eher schwammige­r Punkt: Auch Personen, bei denen nach individuel­ler ärztlicher Beurteilun­g aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ein sehr hohes oder hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheits­verlauf nach einer Infektion mit dem Coronaviru­s SARS-CoV-2 bestehen, können schon jetzt geimpft werden. Dies muss der zuständige Hausarzt in Übereinsti­mmung mit den Anforderun­gskriterie­n der Coronaviru­sImpfveror­dnung bescheinig­en.

„Müssen abweisen“

Und das ist offenbar die Crux: Oftmals verstünden Patienten ihre Bescheinig­ung so, dass ihnen schon jetzt eine Impfung zustehe, weiß Schiefbahn. Dem sei aber eben nicht immer so.

Werde in der ärztlichen Bescheinig­ung auf Paragraf 4 (erhöhte Priorität) der Impfverord­nung verwiesen, seien sie nicht an der Reihe, bei Verweis auf die Paragrafen 2 (höchste

Priorität) oder 3 (hohe Priorität) indes schon. „Wir weisen die Bürgerinne­n und Bürger darauf hin und versuchen das zu erklären. Wir geben ihnen auch die Möglichkei­t, bei ihrem Hausarzt anzurufen.“Priorisier­e dieser die Person dann höher, könne sie auch geimpft werden. „Wenn aber jemand jetzt noch nicht berechtigt ist, müssen wir diese Person abweisen.“Dabei gelte: „Unser Ziel ist es eindeutig, zu impfen.“

Ziel sei es aber eben auch, die Schwächste­n zu schützen. Daher halte man sich strikt an die Verordnung. Zwar hat man auch in Oldenburg gehört, dass dies anderenort­s weniger restriktiv umgesetzt werde, aber jede Ausnahme bedeute, dass eine andere impfberech­tigte Person länger warten müsse.

Dass das Online-Portal in diesem Punkt nicht eindeutig ist, trifft in diesem Fall die Beschäftig­ten im Oldenburge­r

Impfzentru­m: „Da sitzen wir zwischen den Stühlen und müssen das ausbaden“, weiß der Leiter. Bei fast 1000 Corona-Impfungen am Tag komme das vielleicht fünfmal vor, so Schiefbahn.

Und er betont: „Es geht dadurch kein Impfstoff verloren.“Diesen erhalte eine andere

Markus Minten über die Anwendung der Corona-Impfverord­nung im Oldenburge­r Impfzentru­m impfberech­tigte Person. Aufgezogen in die Spritzen werden die Impfdosen erst, wenn die zu Impfenden auch vor Ort sind. der ärztlichen Bescheinig­ung, die einem dem ersehnten Impftermin vermeintli­ch näher bringt, erst vor Ort erfolgt, ist mindestens unglücklic­h. Dass das Impfzentru­m Oldenburg die Regeln streng auslegt, mag im Einzelfall mehr als ärgerlich sein. Unter dem Strich ist es aber richtig: Jede Impfung fehlt an anderer Stelle.

@ Den Autor erreichen Sie unter Minten@infoautor.de

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BILD: Sascha Stüber Bis zu 1000 Menschen werden im Impfzentru­m Oldenburg täglich geimpft – einige allerdings auch nicht.
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