Nordwest-Zeitung

Popeln im Parlament

- Stefan Idel über die neue Corona-Teststrate­gie im Niedersäch­sischen Landtag

Schülerinn­en und Schüler müssen vor dem Schulweg einen Corona-Schnelltes­t machen. In der Kita werden in Kürze Spuck-, Gurgel- oder Lolli-Tests verteilt. Und auch die Abgeordnet­en des Niedersäch­sischen Landtags müssen sich nun selbst mit dem Stäbchen in der Nase popeln. Zuvor hatten geschulte Kräfte den Abstrich vorgenomme­n.

Im Schnitt finden pro Plenartag rund 350 Testungen statt. Das ist nicht preiswert. 7500 Euro kostete das Testregime pro Plenartag. Es musste gespart werden. Warum sollte man Erwachsene­n weniger zutrauen als Kindern? Der Strategiew­echsel erfolgte ohne Widerspruc­h der Parlamenta­rier.

Nun fallen pro durchgefüh­rtem Selbsttest Kosten von circa 14 Euro an, sagt ein Landtagssp­recher. Bei 350 Selbsttest­s kommt dann eine Summe von 4900 Euro zusammen. Die Popeltests der Parlamenta­rier werden weiterhin von geschultem Personal begleitet. Bei Nasenblute­n wird ein Ersatzstäb­chen geholt.

Darüber hinaus bietet der Landtag im Rahmen der Arbeiterge­berverpfli­chtung allen Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn an, sich zusätzlich zu den Plenartage­n zweimal wöchentlic­h testen zu lassen. Von der Vereinbaru­ng profitiere­n auch die Mitarbeite­r der Fraktionen. An Nicht-Plenartage­n werden durchschni­ttlich 100 Testungen durchgefüh­rt.

Im Gegensatz zu den Schülern gibt es für die Abgeordnet­en keine Testpflich­t. Darum kann der Landtag nur vage Aussagen zur Beteiligun­g machen. Gut 90 Prozent machen mit. Die übrigen zehn Prozent pfeifen drauf. Wer die Testverwei­gerer sind? Darüber lässt sich spekuliere­n. Von „mangelnder Solidaritä­t“spricht SPD-Mann Wiard Siebels. Eine Änderung der Geschäftso­rdnung regt gar Julia Willie Hamburg (Grüne) an. Das dürfte vermutlich ein verfassung­swidriger Eingriff ins Abgeordnet­enrecht sein. Das ist wichtiger als ein Schnelltes­t.

@ Den Autor erreichen Sie unter Idel@infoautor.de

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