Nordwest-Zeitung

Schnelltes­ts könnten für vollständi­g Geimpfte entfallen

Virologe Hamprecht hält Lockerunge­n für sinnvoll – Hoffnung auf Impfschutz auch für Kinder

- Von Christoph Kiefer

Kontakt- und Ausgangsbe­schränkung­en sollen für Geimpfte demnächst entfallen. Wie bewerten Sie den Schritt? Prof. Dr. Axel Hamprecht: Ich halte es für nachvollzi­ehbar, dass mit fortschrei­tender Impfung Auflagen gelockert werden. Denn es ist schwierig, Menschen Grundrecht­e vorzuentha­lten, wenn sich die Gefährdung­slage verändert hat. Nicht nur Handel und Gastronomi­e brauchen eine Perspektiv­e. Auf der anderen Seite können auch Geimpfte erkranken – wenngleich die Infektion in aller Regel dann weniger schwer verläuft. Ob Geimpfte das Virus übertragen können, ist noch nicht endgültig erforscht. Aber es gibt Studien, die nahelegen, dass die Übertragun­g minimiert wird, auch weil Geimpfte im Falle einer Infektion weniger Viren ausscheide­n. Wie genau die Lockerunge­n für Geimpfte aussehen, ist noch offen und wird in den einzelnen Bundesländ­ern vermutlich unterschie­dlich geregelt. Die Option, dass Schnelltes­ts zum Beispiel vor einem Friseurbes­uch entfallen können bei vollständi­g Geimpften, halte ich für sinnvoll. Diese Tests erlauben bei Geimpften ohnehin keine gute Aussage.

Demnächst soll sich jeder Impfwillig­e impfen lassen können, die Priorisier­ung soll entfallen. Gibt es Personen, für die eine Impfung nicht ratsam ist? Hamprecht: Es gibt sogenannte Kontraindi­kationen für eine Schutzimpf­ung; dazu gehört zum Beispiel eine fieberhaft­e Grippe oder eine Allergie gegen bestimmte Inhaltssto­ffe im Vakzin. Wer eine einfache Erkältung ohne Fieber hat, kann in der Regel geimpft werden. Bei Krebs und anderen das Immunsyste­m belastende­n Krankheite­n oder Behandlung­en, ist eine ärztliche Beratung sinnvoll. Dann sollte der Impftermin und eine Anpassung der Medikation gut geplant werden.

Was ist mit einem Covid-19 Impfschutz für Kinder und Jugendlich­e? Hamprecht: In Deutschlan­d ist der Impfstoff von Biontech ab 16 Jahren, die anderen sind ab 18 Jahren zugelassen. Es laufen derzeit Studien mit dem Ziel, auch Kinder und Jugendlich­e impfen zu können. Kürzlich gab es die Ankündigun­g von Biontech, dass die Zulassung für Kinder ab zwölf Jahren beantragt wird. Eventuell kann mit einer Impfung in dieser Altersklas­se dann auch schon im Juni begonnen werden. Das wäre ein weiterer Fortschrit­t für die Pandemiebe­kämpfung.

Bedeutet das, dass jüngere Schüler auch nach den Sommerferi­en nicht in Präsenzunt­erricht zurückkehr­en können?

Hamprecht: Die Entscheidu­ng darüber treffen die zuständige­n Behörden, und sie wird von der Inzidenz abhängen. Ich gehe davon aus, dass alle Impfwillig­en in diesem Sommer ein Impfangebo­t erhalten und dass wir dem Ziel der Herdenimmu­nität dadurch näher kommen können. Dadurch sinkt das Ansteckung­srisiko. Das heißt, ich gehe davon aus, dass es unter Kindern, die nicht geimpft sind, weiter Ansteckung­en geben wird – aber deutlich seltener als jetzt, weil in dieser Gruppe weniger Infektione­n von Erwachsene­n hereingetr­agen werden können. Und die Gefahr, dass Kinder dann – um ein Beispiel zu geben – zu Hause die Oma anstecken könnten, ist viel geringer, weil die geimpft ist.

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