Schnelltests könnten für vollständig Geimpfte entfallen
Virologe Hamprecht hält Lockerungen für sinnvoll – Hoffnung auf Impfschutz auch für Kinder
Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen sollen für Geimpfte demnächst entfallen. Wie bewerten Sie den Schritt? Prof. Dr. Axel Hamprecht: Ich halte es für nachvollziehbar, dass mit fortschreitender Impfung Auflagen gelockert werden. Denn es ist schwierig, Menschen Grundrechte vorzuenthalten, wenn sich die Gefährdungslage verändert hat. Nicht nur Handel und Gastronomie brauchen eine Perspektive. Auf der anderen Seite können auch Geimpfte erkranken – wenngleich die Infektion in aller Regel dann weniger schwer verläuft. Ob Geimpfte das Virus übertragen können, ist noch nicht endgültig erforscht. Aber es gibt Studien, die nahelegen, dass die Übertragung minimiert wird, auch weil Geimpfte im Falle einer Infektion weniger Viren ausscheiden. Wie genau die Lockerungen für Geimpfte aussehen, ist noch offen und wird in den einzelnen Bundesländern vermutlich unterschiedlich geregelt. Die Option, dass Schnelltests zum Beispiel vor einem Friseurbesuch entfallen können bei vollständig Geimpften, halte ich für sinnvoll. Diese Tests erlauben bei Geimpften ohnehin keine gute Aussage.
Demnächst soll sich jeder Impfwillige impfen lassen können, die Priorisierung soll entfallen. Gibt es Personen, für die eine Impfung nicht ratsam ist? Hamprecht: Es gibt sogenannte Kontraindikationen für eine Schutzimpfung; dazu gehört zum Beispiel eine fieberhafte Grippe oder eine Allergie gegen bestimmte Inhaltsstoffe im Vakzin. Wer eine einfache Erkältung ohne Fieber hat, kann in der Regel geimpft werden. Bei Krebs und anderen das Immunsystem belastenden Krankheiten oder Behandlungen, ist eine ärztliche Beratung sinnvoll. Dann sollte der Impftermin und eine Anpassung der Medikation gut geplant werden.
Was ist mit einem Covid-19 Impfschutz für Kinder und Jugendliche? Hamprecht: In Deutschland ist der Impfstoff von Biontech ab 16 Jahren, die anderen sind ab 18 Jahren zugelassen. Es laufen derzeit Studien mit dem Ziel, auch Kinder und Jugendliche impfen zu können. Kürzlich gab es die Ankündigung von Biontech, dass die Zulassung für Kinder ab zwölf Jahren beantragt wird. Eventuell kann mit einer Impfung in dieser Altersklasse dann auch schon im Juni begonnen werden. Das wäre ein weiterer Fortschritt für die Pandemiebekämpfung.
Bedeutet das, dass jüngere Schüler auch nach den Sommerferien nicht in Präsenzunterricht zurückkehren können?
Hamprecht: Die Entscheidung darüber treffen die zuständigen Behörden, und sie wird von der Inzidenz abhängen. Ich gehe davon aus, dass alle Impfwilligen in diesem Sommer ein Impfangebot erhalten und dass wir dem Ziel der Herdenimmunität dadurch näher kommen können. Dadurch sinkt das Ansteckungsrisiko. Das heißt, ich gehe davon aus, dass es unter Kindern, die nicht geimpft sind, weiter Ansteckungen geben wird – aber deutlich seltener als jetzt, weil in dieser Gruppe weniger Infektionen von Erwachsenen hereingetragen werden können. Und die Gefahr, dass Kinder dann – um ein Beispiel zu geben – zu Hause die Oma anstecken könnten, ist viel geringer, weil die geimpft ist.