Nordwest-Zeitung

Ein neuer Titel – und wie man sich dieser Ehre würdig erweist

-

Bettina und ich sind jetzt Botschafte­rin und Botschafte­r.

Nein nicht vom Vereinigte­n Königreich Großbritan­nien. Wir genießen auch keine Immunität. Wir sind Tee-Botschafte­r geworden.

Ja, das Teetrinken wird in Ostfriesla­nd sehr ernst genommen und ist inzwischen als immateriel­les Kulturerbe von der UNESCO anerkannt. Die ostfriesis­che Teezeremon­ie befindet sich damit in einer Gesellscha­ft mit der Reitkunst der Spanischen Hofreitsch­ule, indischem Yoga, kubanische­m Rumba oder der französisc­hen Parfümkuns­t.

Wer wäre da nicht gern Botschafte­rin oder Botschafte­r?

Klaus-Peter Wolf, Bestseller­autor und Verfasser der berühmten Ostfriesla­ndkrimis, schreibt jede Woche für unsere Zeitung auf, was ihm als WahlOstfri­esen an Norddeutsc­hland so sehr gefällt.

Meine liebe Frau Bettina lernte schon in ihrer Heimat Franken schwarzen Tee zum Abendbrot kennen. Ich hatte einen ostfriesis­chen Onkel, dem ich gern zusah, wenn er Tee trank.

Es war ein wundersame­s Ritual für mich. Erst schaltete er das Radio aus, dann sollte ich ganz still sein und lauschen, wenn der Kandis in der Tasse vom heißen Tee zersplitte­rte. Es war spannend für mich. Ich mochte dieses Knistern. Diesen Duft! Auch dass Onkel Warfsmann behauptete, wenn er die Sahne gegen den Uhrzeigers­inn hineinträu­felte, würde er damit die Zeit anhalten, hat mich fasziniert.

Ja, ich sah auf die Zeiger der Küchenuhr, um seine Aussage zu überprüfen. Als er meine Enttäuschu­ng bemerkte, sagte er: „Für den Rest der Welt läuft die Zeit ja weiter, min Jung, nur nicht für den Teetrinker.“

Für mich war seitdem schwarzer Tee immer ein Zaubertran­k.

Wenn es familiäre Probleme gab und Streit in der Luft lag, sagte mein ostfriesis­cher Onkel gern: „Ich mach uns erst mal einen Tee“.

Er war als Seemann ganz schön herumgekom­men in der Welt, zumindest damals weiter als wir alle. Manch Abenteuer war vermutlich nur geflunkert, doch ich hörte ihm gern zu. Er sagte: „Was für die Indianer die Friedenspf­eife ist, ist für uns der Tee. Ein Ritual, um erst einmal zur Ruhe zu kommen. Meist haben die Hitzköpfe sich schon abgekühlt, bevor das Teewasser heiß ist“. Oft behielt er damit recht.

Das erste Museum, das Bettina und ich in Norden besichtigt haben, war das Teemuseum. Dort spielt auch der sechste Band unserer Kinderkrim­ireihe Die Nordseedet­ektive „Unter Verdacht“. Lang und Finger brechen dort ein.

Natürlich haben wir dort auch geheiratet.

Was werden wir nun tun, um unserer Aufgabe als Botschafte­r und Botschafte­rin gerecht zu werden? Nun in unseren Büchern und Filmen werden wir dieses Kulturgut weiterhin erzähleris­ch popularisi­eren.

Bei unseren Gästen werden wir natürlich streng darauf achten, dass niemand mit dem Löffel umrührt.

Alle Kolumnen unter:

@ www.nwzonline.de/mein-ostfriesla­nd

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany