Kuddelmuddel in der Landkommune
Neuer Fall für das Münsteraner Ermittlerduo ist ein überraschend fader „Tatort“
In der Riege der Assistenten hingegen ist es zumindest in den vergangenen zehn Jahren immer wieder mal zum Wechsel gekommen, wenn auch nicht häufig. Jetzt steht mal wieder einer an: Thimo Meitner als Lennard „Lenny“Wandmann, Informatiker mit Asperger-Syndrom, verlässt die Serie. Yan Balistoy als Joshua Tuttlinger steigt als IT-Experte ein. Sie verkörpern Assistenten, die auf ihre eigene Art stark sind – und ohne die ein Hauptkommissar völlig aufgeschmissen wäre.
In „Freier Fall“an diesem Freitag um 20.15 Uhr im Zweiten treibt eine Frauenleiche ans Isarufer. Während der Ermittlungen wird Lennard durch den Tod seiner geliebten Großmutter aus der Bahn geworfen. Ausgerechnet zur Hauptverdächtigen und Schwester der Toten fühlt er sich hingezogen – er sucht nach neuer Ordnung in seinem Leben.
Münster – Jan Josef Liefers ist am kommenden Sonntag wieder in seiner Paraderolle als schrulliger Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne zu sehen: Im neuen „Tatort“aus Münster verschlägt es den schrägen Professor in eine Kommune, wo er beim Trommel-Seminar mit dem schönen Titel „Rhythm and Love“dummerweise aus dem Takt gerät. Auch sonst hat es der Wissenschaftler nicht leicht, denn ein renommierter Kollege wirft ihm vor, für eine Studie bei ihm abgeschrieben zu haben.
Der Krimi „Tatort: Rhythm and Love“(am Sonntag, 2. Mai, Das Erste) reflektiert anhand diverser Figuren immer wieder den scharfen Gegensatz von Lüge und Wahrheit.
Humor kommt zu kurz
Unter dem Strich ist der Film von Regisseurin Brigitte Maria Bertele aber eine überraschend fade und weitgehend spannungslose Angelegenheit, und auch der für Münster-„Tatorte“sonst so typische Humor kommt etwas kurz – wenigstens „Vadder“Thiel (Claus D. Clausnitzer) sorgt für heitere Momente, wenn er in der Kommune sein Gras verhökert und damit bei seinem Sohn Frank (Axel Prahl) für Schweißausbrüche sorgt.
Eine nackte Leiche in einem Moorgebiet sorgt zu Beginn dieses „Tatorts“für heftiges Stirnrunzeln bei Kommissar Thiel und Boerne, denn zunächst weiß niemand, um wen es sich bei dem männlichen Mordopfer handelt. Boerne findet heraus, dass der Tote eine große Nummer in der nahe gelegenen Landkommune Erlenhof war, wo leichtoder unbekleidete Freidenker zwischen schnatternden Gänsen und neugierigen Alpakas freie Liebe praktizieren, nachdem sie sich unter fachkundiger Anleitung in Ekstase getrommelt haben. Eifersucht hat auf dem Erlenhof eigentlich nichts verloren, doch die beiden erfahrenen Ermittler wissen natürlich, dass sie als Mordmotiv nie außer Acht gelassen werden kann, zumal der Getötete ein bei Frauen und Männern gleichermaßen beliebter Bettgenosse war.
Jede Menge Lügen
Eine Spur führt zu der aparten Ines (Maelle Giovanetti), eine andere zum Priester Tobias Flügge (Nikolai Kinski). Mit Johannes Hagen (August Wittgenstein) zählt außerdem der Pressesprecher der Polizei höchstpersönlich zu den Verdächtigen:
Sowohl der bisexuelle junge Mann als auch seine Frau Marion (Patrycia Ziolkowska) hatten ein Verhältnis mit dem Ermordeten – die Ermittler bekommen es mit einem amourösen Kuddelmuddel zu tun, bei dem fast alle Beteiligten lügen, dass sich die Balken biegen.
Zahlreiche Figuren und Verwicklungen: Der neue „Tatort“aus Münster will viel, nimmt aber – abgesehen vom dramatischen Finale – keine Fahrt auf. Größtes Versäumnis: Das Milieu der schrägen Landkommune wird nicht richtig ausgereizt, dabei wäre hier eine Menge für das spaßige Münster-Duo zu holen gewesen.