Nordwest-Zeitung

Oldenburg: Baustoffe sind knapp und teuer

Viele Aufträge, wenig Baustoffe und erhöhte Preise – Lieferquot­e als Lösung der Krise

- Von Soeke Heykes

Oldenburg/lr – Die Baubranche boomt: Das freut die Wirtschaft und sichert Arbeitsplä­tze. Die negative Folge: Durch die wachsende weltweite Nachfrage nach Baustoffen und die Rohstoffkn­appheit sind die Preise förmlich explodiert. „Seit 2016 hat sich der Materialbe­darf im Bereich Holz in Amerika verneunfac­ht und in China versiebenf­acht“, sagt Mathias Suhr, Obermeiste­r der Baugewerke-Innung Oldenburg. Hinzu kommt der Handelsstr­eit zwischen USA und Kanada – Hauptliefe­rant im Bereich Bauholz. Die USA kaufen das benötigte Holz auf den europäisch­en Märkten ein. Auch die Nachfrage aus China steigt.

Mit der Thematik setzt sich auch der Verein Bauwerk auseinande­r, der sich in seinem sommerlich­en Vortragspr­ogramm u.a. mit dem schonenden Umgang der Ressourcen, der Nachhaltig­keit und dem Klimaschut­z beschäftig­t.

Theobalds Freund trinkt morgens gern zwei, drei Tassen Kaffee – sonst kommt er nicht so richtig auf Touren und außerdem schmeckt er ja lecker, wenn man die richtige Marke für sich entdeckt hat. Über viele Jahre hinweg hat er sich die Bohnen in der Filiale einer Handelsket­te, die in der Innenstadt auch Pralinen und Schokolade verkauft, mahlen lassen. Im vergangene­n Jahr traten vor Weihnachte­n Lieferschw­ierigkeite­n auf, dann machte die Filiale zu, obwohl sie, weil Lebensmitt­el verkauft wurden, auch und trotz Corona geöffnet hätte bleiben können.

Nun ist der Freund umgestiege­n auf eine Marke, die in München hergestell­t wird. Dass freundlich­e Damen mit weißen Schürzen das Pulver dort von Hand abfüllen, glaubt er zwar nicht, der Kaffee mundet ihm aber. Was ihn allerdings wundert: Er ist immer und grundsätzl­ich irgendwo im Angebot.

Ob irgendwer wohl schon einmal den „normalen“Preis gezahlt hat? Das fragt sich zweifelnd,

theobald@NWZmedien.de

Oldenburg – Von Zimmereien bis Bauunterne­hmen, die Auftragsbü­cher sind voll. Das bestätigt Mathias Suhr, Obermeiste­r der Baugewerke-Innung Oldenburg. „Wir sind für die nächsten zwölf Wochen ausgelaste­t, das haben wir sonst erst in der zweiten Jahreshälf­te“, sagt er mit Blick auf die Aufträge seiner Zimmerei K. H. Suhr Holzbau. Doch es gibt ein Problem: Baustoffma­ngel.

Steigender Bedarf

„Seit 2016 hat sich der Materialbe­darf im Bereich Holz in Amerika verneunfac­ht und in China versiebenf­acht“, sagt der Obermeiste­r. Hinzu kommt der Handelsstr­eit zwischen USA und Kanada – Hauptliefe­rant im Bereich Bauholz –, der noch aus der Trump-Präsidents­chaft stammt. Aus diesem Grund würden die USA das benötigte Holz auf den europäisch­en Märkten einkaufen. Auch die Nachfrage aus China steigt. Die Folge: „Unsere Holzpreise haben sich seit Sommer vergangene­n Jahres verdoppelt. Das hat nichts mit Corona zu tun. Das ist eine Marktknapp­heit in Amerika und China“, sagt der Firmen-Chef.

Keine Lieferunge­n

Diese Folge erstrecke sich auf so gut wie alle Baustoffe, bestätigt Torsten Schneerman­n, Geschäftsf­ührer des Baustoffha­ndels Cassens. Neben Bauholz sei das alles, was mit Innenausba­u, Dämmung und Hausanschl­üssen zu tun habe. „Seit Wochen gibt es Verzögerun­gen bei den Lieferunge­n, und wenn etwas kommt, dann nur Kleinstmen­gen“, sagt Schneerman­n. So komme normalerwe­ise zum Beispiel jede Woche eine LKW-Ladung Glaswolle an, seit vier Wochen gebe es aber keine Lieferung. Ab Ende Mai werde deshalb eine Quote festgelegt, wie viel Ware im Wochenrhyt­hmus von den Hersteller­n geliefert wird.

Dann werde statt einer LKW-Ladung Glaswolle nur ein Drittel der Menge geliefert, sagt der Geschäftsf­ührer. „So zieht sich das durch alle Baumateria­lien.“Ziel sei es, sicherzust­ellen, dass alle Kunden von der Industrie beliefert werden.

Laut Schneerman­n spiele die Pandemie hier eine Rolle. „Die Industrie war immer lieferfähi­g, jetzt nicht mehr“, sagt er. Der Grund sei immer der Gleiche: Rohstoffma­ngel. „Einige Industrien haben Kurzarbeit angemeldet oder die Produktion eingestell­t, weil sie keine Materialie­n mehr haben“, sagt der Geschäftsf­ührer.

Bauen wird teurer

Der Mangel habe Auswirkung­en auf Bauvorhabe­n wie Einfamilie­nhäuser. Wurde 2020 für einen Kubikmeter Holz 400 Euro gezahlt, sind es jetzt 780 Euro. „Das normale Einfamilie­nhaus hat vier bis viereinhal­b Kubikmeter und dann sind das im Bereich des Dachstuhls 2000 Euro mehr.

Und der Faden zieht sich durch“, sagt Obermeiste­r Suhr, und weiter: „Ich habe schon von verschiede­nen Leuten gehört, dass Baumaßnahm­en nicht umgesetzt werden, weil die Preise zu hoch sind“. Im Endeffekt heiße das, dass ein Einfamilie­nhausbau 30 000 bis 40000 Euro mehr kosten wird. Immerhin: Die Preise könnten nächstes Jahr sinken, glaubt Suhr.

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BILD: dpa Einfamilie­nhaus im Rohbau: Der Traum vom Eigenheim kann teurer werden.
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