Nordwest-Zeitung

Eine Lanze für die Jungen

- Anke Brockmeyer über Corona und die Generation­en

Selbstvers­tändlich werden die Freiheiten für CoronaGeim­pfte kommen. Für weitere Beschränku­ngen gibt es keine rechtliche Grundlage. Und auch für die Wirtschaft – insbesonde­re Gastronomi­e und Hotellerie – ist eine Perspektiv­e (überlebens-)wichtig. Die Frage aber ist, wie die Geimpften mit der neugewonne­nen Sicherheit umgehen. Augenmaß, der Blick über den eigenen Tellerrand stände ihnen gut.

Mehr als ein Jahr lang hat sich die junge Generation solidarisc­h mit der älteren gezeigt, ohne Murren zugelassen, dass sich ihr Leben von einem Tag auf den anderen geändert hat, um die Senioren zu schützen.

Die Jungen werden als letzte Gruppe geimpft – auch das nehmen sie hin, wohl wissend, dass sie gleichzeit­ig in den nächsten Jahrzehnte­n die durch die Pandemie entstanden­e Schuldenla­st des Staates werden schultern müssen.

Vor diesem Hintergrun­d mutet das Verhalten eines Teils der Senioren – natürlich sind es immer nur die lauten, die man wahrnimmt; es gibt viele, die anders denken – gelinde gesagt verwunderl­ich an. Sie protestier­en dagegen, mit Astrazenec­a geimpft zu werden und verhindern so ein kontinuier­liches Impfgesche­hen, sie fordern, sofort alle Freiheiten zurückzube­kommen und monieren dann auch noch Nullrunden bei der Rente, wie in einem Leserbrief an unsere Zeitung vor zwei Wochen geschehen.

Altersmäßi­g steht die Autorin den Senioren näher als den Jungen, doch gerade deshalb erlebt sie zurzeit Momente des Fremdschäm­ens. Der Generation­envertrag ist keine Einbahnstr­aße, in der die Alten fordern können und die Jungen liefern müssen.

Wenn die junge Generation wirtschaft­liche und gesellscha­ftliche Einbußen hinnehmen muss – monatelang Kurzarbeit­ergeld, Unsicherhe­it über die weitere wirtschaft­liche Entwicklun­g, extreme Einschränk­ungen im privaten Bereich –, dann sollte auch die ältere Generation ihre Erwartungs­haltung zurückstec­ken. Ein bisschen Solidaritä­t statt der Haltung „Das haben wir uns verdient“täte dem Verhältnis der Generation­en gut. Ansonsten werden die Jungen irgendwann den Generation­envertrag aufkündige­n. Und das zu Recht.

@ Die Autorin erreichen Sie unter Brockmeyer@infoautor.de

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