Eine Lanze für die Jungen
Selbstverständlich werden die Freiheiten für CoronaGeimpfte kommen. Für weitere Beschränkungen gibt es keine rechtliche Grundlage. Und auch für die Wirtschaft – insbesondere Gastronomie und Hotellerie – ist eine Perspektive (überlebens-)wichtig. Die Frage aber ist, wie die Geimpften mit der neugewonnenen Sicherheit umgehen. Augenmaß, der Blick über den eigenen Tellerrand stände ihnen gut.
Mehr als ein Jahr lang hat sich die junge Generation solidarisch mit der älteren gezeigt, ohne Murren zugelassen, dass sich ihr Leben von einem Tag auf den anderen geändert hat, um die Senioren zu schützen.
Die Jungen werden als letzte Gruppe geimpft – auch das nehmen sie hin, wohl wissend, dass sie gleichzeitig in den nächsten Jahrzehnten die durch die Pandemie entstandene Schuldenlast des Staates werden schultern müssen.
Vor diesem Hintergrund mutet das Verhalten eines Teils der Senioren – natürlich sind es immer nur die lauten, die man wahrnimmt; es gibt viele, die anders denken – gelinde gesagt verwunderlich an. Sie protestieren dagegen, mit Astrazeneca geimpft zu werden und verhindern so ein kontinuierliches Impfgeschehen, sie fordern, sofort alle Freiheiten zurückzubekommen und monieren dann auch noch Nullrunden bei der Rente, wie in einem Leserbrief an unsere Zeitung vor zwei Wochen geschehen.
Altersmäßig steht die Autorin den Senioren näher als den Jungen, doch gerade deshalb erlebt sie zurzeit Momente des Fremdschämens. Der Generationenvertrag ist keine Einbahnstraße, in der die Alten fordern können und die Jungen liefern müssen.
Wenn die junge Generation wirtschaftliche und gesellschaftliche Einbußen hinnehmen muss – monatelang Kurzarbeitergeld, Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung, extreme Einschränkungen im privaten Bereich –, dann sollte auch die ältere Generation ihre Erwartungshaltung zurückstecken. Ein bisschen Solidarität statt der Haltung „Das haben wir uns verdient“täte dem Verhältnis der Generationen gut. Ansonsten werden die Jungen irgendwann den Generationenvertrag aufkündigen. Und das zu Recht.
@ Die Autorin erreichen Sie unter Brockmeyer@infoautor.de