Über Angst, Reue und neue Kraft
Psychologe Reza Bayat: Wie sich seine Arbeit durch die Corona-Pandemie verändert hat
Oldenburg – „Je früher man etwas tut, desto besser kann das eigene Leid reduziert werden“, sagt Reza Bayat. Der 46-Jährige arbeitet als Psychoonkologe für die Krebsberatung Oldenburg.
Im vergangenen Jahr zählte die Beratungsstelle mehr als 1200 Kontakte. Zwei Drittel der Menschen, die die Beratung in Anspruch nehmen, seien an Krebs erkrankt, ein Drittel seien Angehörige und Bezugspersonen.
■
steigender Bedarf
„Der Trend nach oben ist ungebrochen. Der Beratungsbedarf ist da und im vergangenen Jahr sogar gestiegen“, weiß Bayat, der zusätzlich auch als Palliativpsychologe im Klinikum Oldenburg tätig ist. Wie er vermutet, könnte die Corona-Pandemie mit dem erhöhten Beratungsbedarf zu tun haben: „Vor allem niedergelassene Psychologen sind in der Pandemie total überlaufen, weshalb nach Alternativen gesucht wird. Patienten werden auch immer wieder von Ärzten zu uns geschickt.“
Einen Grund sehe er jedoch auch darin, dass die Stadt Oldenburg weiter wächst. „Das Versorgungssystem im Oldenches 2020 gab es in der Krebsberatungsstelle Oldenburg mehr als 1200 Kontakte mit Betroffenen und Angehörigen.
burg ist gut – trotzdem ist es eine Mindestversorgung.
■
Längere Wartezeiten
Denn es gibt nur wenige Krebsberatungsstellen in der Region. Es wäre schön, wenn das Angebot weiter ausgebaut werden könnte“, meint Bayat.
Als positiv bewerte er jedoch, dass die Beratung kostenlos und für jeden zugänglich sei.
Derzeit habe Bayat täglich vier bis fünf Beratungsgespräche. „Leider sind die Wartezeiten seit Beginn der Pandemie länger und die einzelnen Gespräche sind etwas kürzer geworden“, schildert der Psychologe.
Das liege daran, dass nach jedem persönlichen Gespräch gelüftet und desinfiziert werden müsse.
■
Angst als Thema
„Auch in schwierigen Situationen, zum Beispiel nach der Diagnose Krebs, ist persönli
Wachstum möglich“, sagt Bayat. Er berichtet davon, dass bei den meisten Krebspatienten die Angst ein großes Thema sei: „Da ist die Angst zu sterben oder geliebte Menschen zurückzulassen. Was ich auch oft sehe, ist, dass Menschen bereuen, etwas in ihrem Leben nicht verändert zu haben. Da kommen dann Sätze wie ,ich wünschte, ich hätte weniger gearbeitet und mehr gelebt’“, sagt Bayat. In solchen Situationen könne eine psychologische Betreuung eine große Hilfe sein.
Wie Betroffene mit ihrer Krebserkrankung, der Therapie und den zusätzlichen Belastungen der Pandemie umgehen, hänge jedoch auch viel mit der sozialen Situation und beispielsweise dem familiären Umfeld zusammen. Seiner Erfahrung nach würden viele Menschen durch eine Krebsdiagnose innehalten. „Das gibt ihnen die Möglichkeit, ihr Leben neu zu sortieren.
Viele lernen, sich auf den Moment zu konzentrieren und weniger an die Zukunft zu denken“, sagt Bayat. Vor allem in der Corona-Pandemie könne das auch von Vorteil sein. „Im Grunde sind sie dadurch gut auf das vorbereitet, womit die Gesamtgesellschaft gerade zu kämpfen hat“, sagt er.
@ Mehr Infos: