Das neue, große Wettrennen
Das jüngste Klimaschutzurteil des Bundesverfassungsgerichts zeigt Wirkung. Gerade die, denen die obersten deutschen Richter dieser Tage eine schallende Ohrfeige gegeben haben, nämlich die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien, beeilen sich, Handlungswillen zu demonstrieren.
Besonders schnell war SPD-Kanzlerkandidat und Vizekanzler Olaf Scholz mit seiner Ankündigung, mit seiner Parteifreundin, der Bundesumweltministerin Svenja Schulze, kurzfristig bereits eine Gesetzesvorlage vorzulegen, die die beanstandeten Mängel heilt. Sein Unions-Konkurrent um die Kanzlerschaft Armin Laschet und die CDU gaben das Ziel aus, deutlich vor Mitte des Jahrhunderts schon klimaneutral zu sein. Auch Peter Altmaier, der Bundeswirtschaftsminister, mahnte schnelles Handeln an und begrüßte das Urteil ausdrücklich. Und CSU-Chef Markus Söder wurde ganz konkret.
Er sprach von Klimaneutralität sogar schon bis 2040, von einem Emissionsminderungsziel von „65 Prozent plus X“bis 2030, einem forcierten Kohleausstieg mithilfe von finanziellen Anreizen und dem Ende des Verbrenners bis 2035.
Wer, so reibt man sich verwundert die Augen, war eigentlich verantwortlich für das von den höchsten deutschen Richterinnen und Richtern gerade so harsch kritisierte Klimaschutzgesetz von 2019? Am Ende doch wohl alle, die an seiner Formulierung und Verabschiedung beteiligt waren, und dazu zählen in der einen oder anderen Weise sämtliche der genannten, seien sie Vertreter der SPD, der CDU oder der CSU. Wenn die Einsicht der Mächtigen dieser Koalition in die Notwendigkeit des forcierten Klimaschutzes so groß ist, wie sie es bekunden, warum bedurfte es dann des höchstrichterlichen Urteilsspruchs?
Nun mit dem Finger auf die anderen zu zeigen nach dem Motto „Ich wollte ja, aber die haben mich blockiert“, das wirkt wenig überzeugend. Jetzt, die Wahlen vor Augen, so zu tun, als habe man schon immer an der Spitze der Bewegung gestanden – das glaubt keiner. Aber wie dem auch sei – Hauptsache, es wird aufs Tempo gedrückt.
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