Wissenschaftler warnen vor einem „Jojo-Effekt“
Ohne dauerhafte Senkung der Ansteckungsrate droht nach Expertenmeinung neuer Lockdown
Hannover – Führende Wissenschaftler haben vor einer Lockerungsstrategie bei vergleichsweise hohen CoronaInzidenzwerten gewarnt. „Wir tanzen auf dem Vulkan“, sagte Professorin Dr. Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung Braunschweig am Dienstag bei einer Online-Anhörung der Grünen-Landtagsfraktion in Hannover. Es bestehe die Gefahr, dass die Geschwindigkeit des Öffnens größer als die Impfgeschwindigkeit sei. Es drohe ein „Jojo-Effekt“.
Die Braunschweiger Virologin und weitere Experten, darunter der Berliner Physiker und Mobilitätsforscher Dirk Brockmann, gelten als Vertreter der sogenannten „No-Covid-Strategie“. Sie wollen das Corona-Virus möglichst ganz eliminieren und fordern kurze, intensive Lockdowns. Hohe Inzidenzwerte seien ein Misserfolg, weil die Patientenversorgung schlechter sei und die Nachverfolgung von Infektionsketten nicht gelinge, sagte der Immunologe Michael Meyer-Hermann. Brinkmann wies darauf hin, dass bundesweit derzeit 5001 Intensivbetten belegt seien; in Niedersachsen 295. Um die „NotfallReserve“aktivieren zu können, gebe es nicht ausreichend Pflegepersonal.
Von einer „entscheidenden Phase der Pandemie“sprach Katrin Göring-Eckardt, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag. Die Impfkampagne habe deutlich an Fahrt aufgenommen und dennoch dürfe man sich noch nicht in Sicherheit wiegen. „Nach wie vor sind die Infektionszahlen hoch und die Lage auf den Intensivstationen angespannt.“
Scharfe Kritik am Stufenplan der SPD/CDU-Landesregierung übte Julia Willie Hamburg, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Niedersächsischen Landtag. „Lockerungen sind eben noch keine Strategie.“Die Corona-Ansteckungsrate müsse dauerhaft gesenkt werden, forderte Hamburg. „Das hat die Landesregierung aber nicht im Blick.“Das Risiko eines Jojo-Effekts hin zu strengeren Maßnahmen sei groß.