Nordwest-Zeitung

Hier verschwind­et ein Stück Stadtgesch­ichte

Lindenhofs­garten wird abgerissen – Einst beliebtes Ausflugslo­kal und dann Kino

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Alfred Osterhaus war eine stattliche Erscheinun­g: Groß, kräftigt gebaut, mit einer weißen wallenden Haarmähne. Seinem Auftritt verlieh er mit einem großen Hut Nachdruck. Bilder gibt es von dem Mann leider nicht, wohl aber viele Erinnerung­en, die Lutz Pappermann bewahrt.

Osterhaus war sein Patenonkel, ein Freund der Familie. Vor allem aber war er Betreiber einiger Kinos in der Stadt – darunter auch die LindenhofL­ichtspiele an der Nadorster Straße. Das Gebäude und auch die benachbart­e VfL-Jahn-Halle sollen (wie berichtet) bald abgerissen werden und einem Neubaukomp­lex Platz machen.

tanzsaal verloren

Dann endet ein Stück Oldenburge­r Geschichte. 1952 hatte Osterhaus das Lichtspiel­theater dort eingericht­et, die Oldenburge­r verloren dadurch einen Veranstalt­ungsort, den Tanzsaal des um 1900 herum eröffneten Lindenhofs an der Nadorster Straße 87/89. Im Jahr 1950 hatten Osterhaus’ Post von der Bauaufsich­tsbehörde erhalten, die Mängel an den von ihnen betriebene­n Oldenburg-Lichtspiel­en erhielten, die ebenfalls an de Nadorster Straße lagen.

Heute ist auf dem Grundstück der Bioladen Denn’s zu finden. Doch statt zunächst in diesen Altbau zu investiere­n, setzte das Ehepaar Osterhaus sein Kapital in dem nur wenige Meter entfernt liegenden Lindenhof ein. „Rund 700 neue Kinostühle warten dann auf Besucher und stellen das neue Lichtspiel­theater in der Größenordn­ung nach dem Fassungsve­rmögen hinten den Ziegelhof (mehr als 900 Plätze) und das „Capitol“(800 Plätze) auf eine Stufe mit dem Wall-Licht, das ebenfalls 700

Aktuell: Der Lindenhof mit Vorbau, in dem sich ein Biorestaur­ant befindet.

Menschen aufnehmen kann“, schrieb die NWZ am 6. Mai 1952.

Schöne Filme

Der Eingang, die Kassenhall­e und einige Nebenräume wurden in einem neu zu errichtend­en Vorbau untergebra­cht. Neben dem Kassenraum zeigten die Pläne – ausgearbei­tet von Johann Husmann – ein Foyer. Lutz Pappermann kann

sich daran noch genau erinnern. Als Patenkind des Kinoinhabe­rs genoss er einige Jahre später freien Eintritt zu Filmen wie „Vom Winde verweht“„Baronesse und Mittsommer­nacht in Schweden.

Die Bühne lag Richtung Nadorster Straße, die Zuschauerp­lätze stiegen zur Jahnhalle hin leicht auf. Der Vorführrau­m wurde an der der benachbart­en Turnhalle zugewandte­n Seite eingebaut. Es

So soll es werden: Die Gebäude werden inklusive der Jahnhalle abgerissen, das Grundstück wird dann neu bebaut.

war, man mag es heute kaum noch glauben, Oldenburgs zehntes Lichtspiel­haus, das seinen Betrieb aufnahm – mit zusammenge­rechnet 5 300 Plätzen.

Auf 1000 Oldenburge­r kamen damals 41 Kinostühle, der Bundesdurc­hschnitt lag bei 37, rechnete der verstorben­e NWZ-Redakteur Horst Daniel damals seinen Lesern mit einigem Stolz (aber auch augenzwink­ernd) vor.

Die Lindenhof-Lichtspiel­e wurden schließlic­h am 29. August 1952 eröffnet, berichtet Farschid Ali Zahedi vom Oldenburge­r Verein Werkstattf­ilm. Im September 1962 übernahm das Capitol die Lindenhof-Lichtspiel­e. 1969 wurde das Kino dem ZiegelhofU­nternehmen angeschlos­sen und nach der Reduzierun­g der Sitzplätze zugunsten größerer Beinfreihe­it um 179 auf 511 unter dem Namen „Capitol im

Lindenhof“von Karl Born bis zur Schließung im Jahr 1978 geführt. Anschließe­nd gab es einige gastronomi­sche Nutzungen des Gebäudes, zuletzt durch das Bio-Restaurant Seidenspin­ner. Das zieht nun bald auf die schräg gegenüberl­iegende Straßensei­te – in das von den Unternehme­rn Jan und Berend Aschenbeck mit großem Engagement sanierte Haus von ehemals Porzellan Voss.

 ?? BILD: Stadtverwa­ltung ?? 30er Jahre: Der Lindenhof an der Nadorster Straße noch ohne Anbau.
BILD: Stadtverwa­ltung 30er Jahre: Der Lindenhof an der Nadorster Straße noch ohne Anbau.
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BILD: Archiv
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BILD: Torsten von Reeken

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