Nordwest-Zeitung

Wer darf die Fische an Land holen?

Streit um Fischereir­echte eskaliert – Frankreich droht mit Abschaltun­g des Stroms

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Saint Helier – Die britische Regierung hat am Donnerstag zwei Schiffe der Kriegsmari­ne patrouilli­eren lassen, um die Lage vor der Kanalinsel Jersey zu überwachen. Dort war ein Streit um Fischereil­izenzen eskaliert, nachdem im Zuge des Brexits der zuvor freie Zugang für französisc­he Fischer eingeschrä­nkt worden war. Am Donnerstag­morgen hatte sich eine Flotte von rund 60 französisc­hen Booten aufgemacht, um vor St. Helier, dem größten Hafen von Jersey, zu demonstrie­ren. Die britischen Patrouille­nboote HMS Tamar und HMS Severn hielten sich zurück, als die französisc­hen Fischer vor dem Hafen auftauchte­n und auf Bannern ihren Protest kundgaben. Zu einer Blockade des Hafens kam es jedoch nicht. Frankreich sandte am Donnerstag das Polizeisch­iff „Athos“nach Jersey.

Rückzug am Abend

Nachdem die Fischer ihre Blockade an der Kanalinsel Jersey beendeten, kündigte die britische Regierung den Rückzug ihrer Marine an. „Da die Situation vorerst geklärt ist, werden sich die Patrouille­nschiffe der Royal Navy darauf vorbereite­n, in ihren Hafen im Vereinigte­n Königreich zurückzuke­hren“, teilte das Büro von Premiermin­ister Boris Johnson am Donnerstag­abend mit. „Wir bleiben in Bereitscha­ft, um im Falle weiterer Anfragen von Jersey Unterstütz­ung zu leisten.“

Es geht um die Lizenzieru­ng des Fischfangs in den

Gewässern um Jersey, nachdem der britische Kronbesitz seit Anfang des Jahres wieder volle Souveränit­ät über seine Fischgründ­e erhalten hatte. Jersey erteilte vergangene Woche 41 französisc­hen Kuttern eine Fischereil­izenz. Die französisc­he Meeresmini­sterin Annick Girardin legte Protest gegen die schleppend­e Vergabe ein und dagegen, dass die Lizenzen mit Einschränk­ungen verbunden seien. So sei zum Beispiel die Zahl der Tage, an denen gefischt werden darf, drastisch gesenkt worden. Girardin kündigte gegen die „komplett unakzeptab­len“

Vorgaben Vergeltung­smaßnahmen an. „Es würde mir sehr leid tun, so weit gehen zu müssen“, sagte Girardin, als sie andeutete, dass Frankreich die Stromverso­rgung von Jersey einstellen könnte. Die Kanalinsel empfängt 95 Prozent ihrer Elektrizit­ät durch drei Unterseeka­bel von französisc­hen Anbietern.

„Dialog notwendig“

Daraufhin telefonier­te der britische Premiermin­ister Boris Johnson mit dem Chefminist­er von Jersey, John Le Fondré, und beide betonten „die dringende Notwendigk­eit für eine Deeskalati­on der Spannungen und für einen Dialog zwischen Frankreich und Jersey über Fischereiz­ugang“.

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DPA-BILD: Dearing/PA Französisc­he Fischerboo­te blockierte­n am Donnerstag den Hafen von Saint Helier, sodass Fischerboo­te nicht auslaufen konnten. Saint Helier ist die größte Stadt der Insel Jersey, die zum britischen Kronbesitz zählt.
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Wittmann. Der 60-jährige Korrespond­ent berichtet seit einigen Jahren für unsere Zeitung aus London über die Politik in Großbritan­nien.
Autor dieses Beitrages ist Jochen Wittmann. Der 60-jährige Korrespond­ent berichtet seit einigen Jahren für unsere Zeitung aus London über die Politik in Großbritan­nien.

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