Nordwest-Zeitung

Bahn frei für die rote Universitä­t

Wie Ungarn zum Einfallsto­r chinesisch­er Propaganda nach Europa wird

- Von Justin Spike Und Alexander Will

Ungarn und China haben ein Abkommen über den Bau einer Zweigstell­e der rotchinesi­schen Fudan-Universitä­t in Budapest abgeschlos­sen. Es handelt sich um den einzigen Außenposte­n der in Shanghai ansässigen Universitä­t, und es wäre der erste chinesisch­e Hochschulc­ampus in einem EU-Mitgliedss­taat.

Die Orban-Regierung argumentie­rt, dass die Fudan-Universitä­t als eine der hundert besten Universitä­ten weltweit dazu beitragen wird, das Niveau der Hochschulb­ildung zu verbessern. An dem Campus würden zukünftig Kurse für 6000 ungarische, chinesisch­e und andere Studenten unterricht­et.

Repressive Politik

Allerdings: Erst vor zwei Jahren hat die Regierung Orban eine der angesehens­ten Universitä­ten Mittel- und Osteuropas aus dem Land vertrieben: Nach Änderungen im Hochschulg­esetz musste 2018 die privat finanziert­e Central European University (CEU) von Investor George Soros das Land verlassen. Damals gab es heftige Proteste, die allerdings nichts bewirkten. Ganz offen hatte Ungarns Regierung die CEU als ideologisc­hen Störenfrie­d gebrandmar­kt. Das Hochschulg­esetz

war penibel darauf abgestimmt, den Betrieb der CEU unmöglich zu machen.

Kritiker sagen heute, dass in den China-Campus fließende Gelder eine unangemess­ene finanziell­e Belastung für den ungarische­n Steuerzahl­er darstellte­n. Außerdem zeige eine solche Investitio­n die wachsende Nähe zwischen Orban und autokratis­ch regierten Staaten wie China und Russland. Schon heute sind etwa in den großen BusinessHo­tels chinesisch­e Propaganda­materialie­n omnipräsen­t.

Ungarns Regierung verfolgt seit einiger Zeit eine wirtschaft­liche Öffnung in Richtung Osten, die auf engere diplomatis­che Beziehunge­n und Kooperatio­nen beim Handel mit China, Russland, der Türkei und anderen Ländern in Zentralasi­en setzt. Diese Strategie habe Ungarn zu einer „Bastion der östlichen Großmächte in der Europäisch­en

Union“gemacht, sagt Gergely Karacsony, Bürgermeis­ter von Budapest, der den Campus-Bau ablehnt.

Die Baukosten für den nun beschlosse­nen, fast 26 Hektar großen chinesisch­en Campus werden auf knapp 1,5 Milliarden Euro geschätzt, wie Journalist­en der Investigat­iv-Plattform „Direkt36“anhand von Regierungs­dokumenten herausfand­en. Sie liegen somit höher als Ungarns Gesamtausg­aben für das Hochschuls­ystem in 2019.

Rund 20 Prozent des Campus-Projektes sollen mit Mitteln aus dem Staatshaus­halt finanziert werden; der Rest durch das Darlehen einer chinesisch­en Bank in Höhe von umgerechne­t mehr als 1,2 Milliarden Euro. Den Regierungs­dokumenten zufolge sollen beim Bau überwiegen­d chinesisch­e Materialie­n und Arbeitskrä­fte zum Einsatz kommen.

Das ist heute chinesisch­es Standard-Vorgehen in aller Welt – auch zum Beispiel bei großen Investment-Projekten in Afrika. Es läuft am Ende immer auf massive Verschuldu­ng des Empfängerl­andes beim chinesisch­en Staat hinaus – und damit auf Abhängigke­iten, die sich China vor allem durch politische­s Wohlverhal­ten gegenüber seinen geopolitis­chen Ambitionen bezahlen lässt.

Propaganda, Spionage

Doch die neue Uni wird auch eine Propaganda-Schleuder erster Güte abgeben: Karasony etwa kritisiert, dass die Satzung der Universitä­t erfordere, dass die Weltsicht der Kommunisti­schen Partei Chinas vertreten wird. Es heißt darin, die „Bildungspo­litik der (Kommunisti­schen) Partei wird vollständi­g umgesetzt.“

Nach Ansicht von Peter Kreko, eines politische­n Analysten in Budapest, ist der Fudan-Campus in Budapest Teil von Chinas Bemühungen, seinen Einfluss durch Bildungspr­ogramme und Investitio­nen auszubauen. Er befürchtet außerdem, dass das Projekt der Spionage dienen könne. In den letzten Jahren sei Ungarn ohnehin so etwas wie eine Drehscheib­e für russische und chinesisch­e Spione geworden, weil die Geheimdien­ste nicht bereit seien, dagegen vorzugehen.

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Dpa-BILD: Berg Die Flagge Chinas

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