Bahn frei für die rote Universität
Wie Ungarn zum Einfallstor chinesischer Propaganda nach Europa wird
Ungarn und China haben ein Abkommen über den Bau einer Zweigstelle der rotchinesischen Fudan-Universität in Budapest abgeschlossen. Es handelt sich um den einzigen Außenposten der in Shanghai ansässigen Universität, und es wäre der erste chinesische Hochschulcampus in einem EU-Mitgliedsstaat.
Die Orban-Regierung argumentiert, dass die Fudan-Universität als eine der hundert besten Universitäten weltweit dazu beitragen wird, das Niveau der Hochschulbildung zu verbessern. An dem Campus würden zukünftig Kurse für 6000 ungarische, chinesische und andere Studenten unterrichtet.
Repressive Politik
Allerdings: Erst vor zwei Jahren hat die Regierung Orban eine der angesehensten Universitäten Mittel- und Osteuropas aus dem Land vertrieben: Nach Änderungen im Hochschulgesetz musste 2018 die privat finanzierte Central European University (CEU) von Investor George Soros das Land verlassen. Damals gab es heftige Proteste, die allerdings nichts bewirkten. Ganz offen hatte Ungarns Regierung die CEU als ideologischen Störenfried gebrandmarkt. Das Hochschulgesetz
war penibel darauf abgestimmt, den Betrieb der CEU unmöglich zu machen.
Kritiker sagen heute, dass in den China-Campus fließende Gelder eine unangemessene finanzielle Belastung für den ungarischen Steuerzahler darstellten. Außerdem zeige eine solche Investition die wachsende Nähe zwischen Orban und autokratisch regierten Staaten wie China und Russland. Schon heute sind etwa in den großen BusinessHotels chinesische Propagandamaterialien omnipräsent.
Ungarns Regierung verfolgt seit einiger Zeit eine wirtschaftliche Öffnung in Richtung Osten, die auf engere diplomatische Beziehungen und Kooperationen beim Handel mit China, Russland, der Türkei und anderen Ländern in Zentralasien setzt. Diese Strategie habe Ungarn zu einer „Bastion der östlichen Großmächte in der Europäischen
Union“gemacht, sagt Gergely Karacsony, Bürgermeister von Budapest, der den Campus-Bau ablehnt.
Die Baukosten für den nun beschlossenen, fast 26 Hektar großen chinesischen Campus werden auf knapp 1,5 Milliarden Euro geschätzt, wie Journalisten der Investigativ-Plattform „Direkt36“anhand von Regierungsdokumenten herausfanden. Sie liegen somit höher als Ungarns Gesamtausgaben für das Hochschulsystem in 2019.
Rund 20 Prozent des Campus-Projektes sollen mit Mitteln aus dem Staatshaushalt finanziert werden; der Rest durch das Darlehen einer chinesischen Bank in Höhe von umgerechnet mehr als 1,2 Milliarden Euro. Den Regierungsdokumenten zufolge sollen beim Bau überwiegend chinesische Materialien und Arbeitskräfte zum Einsatz kommen.
Das ist heute chinesisches Standard-Vorgehen in aller Welt – auch zum Beispiel bei großen Investment-Projekten in Afrika. Es läuft am Ende immer auf massive Verschuldung des Empfängerlandes beim chinesischen Staat hinaus – und damit auf Abhängigkeiten, die sich China vor allem durch politisches Wohlverhalten gegenüber seinen geopolitischen Ambitionen bezahlen lässt.
Propaganda, Spionage
Doch die neue Uni wird auch eine Propaganda-Schleuder erster Güte abgeben: Karasony etwa kritisiert, dass die Satzung der Universität erfordere, dass die Weltsicht der Kommunistischen Partei Chinas vertreten wird. Es heißt darin, die „Bildungspolitik der (Kommunistischen) Partei wird vollständig umgesetzt.“
Nach Ansicht von Peter Kreko, eines politischen Analysten in Budapest, ist der Fudan-Campus in Budapest Teil von Chinas Bemühungen, seinen Einfluss durch Bildungsprogramme und Investitionen auszubauen. Er befürchtet außerdem, dass das Projekt der Spionage dienen könne. In den letzten Jahren sei Ungarn ohnehin so etwas wie eine Drehscheibe für russische und chinesische Spione geworden, weil die Geheimdienste nicht bereit seien, dagegen vorzugehen.