Nordwest-Zeitung

Irrtum: „Ein hoher Baum ist gefährlich“

Bäumen bilden Reaktionsh­olz an Wurzel, Stamm oder Ästen aus

- Von Thomas Ludwig

er Baum hat mit einer Zugwurzel (rechts) auf den Schrägstan­d reagiert und sich stabilisie­rt

Viele Baumbesitz­er haben Angst vor ihrem hohen Baum im Garten. Häufig wird der Baum entweder stark zurückgesc­hnitten (was ihn erst recht gefährlich macht) oder der Baum wird sogar gefällt.

Woher kommt die Angst vor Bäumen?

Weil so wenig passiert, ist die verblüffen­de Antwort. Etwa 3000 Verkehrsto­te im Jahr finden kaum den Weg in die Zeitung. Wenn jedoch ein Mensch durch einen umstürzend­en Baum tödlich verunglück­t, dann steht es bundesweit auf der ersten Seite. Ergo: Bäume sind gefährlich denkt sich der Leser.

Es folgt ein weiteres, anscheinen­d erdrückend­es Argument gegen den Baum. Dazu stellen wir uns einen Baum neben unserem Haus vor. Der Baum ist 20 Meter hoch und besitzt eine entspreche­nde Krone. Jetzt stellen wir uns den gleichen Baum mit 40 Meter Höhe vor. Die statische Belastung des doppelt so hohen Baumes ist nicht doppelt, sondern acht Mal so hoch wie beim kleineren Baum (höherer Hebel und höhere Windbelast­ung). Auch dieses nackte Zahlenwerk wird die Angst vor Bäumen in die Höhe treiben.

Größere Hoizbildun­g

Aber jetzt kommt der intelligen­te

Der prägende Seitenast ist durch die Reaktionsh­olzbildung statisch optimiert worden (ovaler Querschnit­t).BILD: Baum ins Spiel. Bäume haben in ihren 300 Millionen Jahren Evolution gelernt, sich äußeren Lebensbedi­ngungen und Belastunge­n anzupassen.

■ Sie bilden sogenannte­s Reaktionsh­olz an Wurzel, Stamm oder Ästen aus. Dabei verdickt und verstärkt der Baum einseitig lokale Holzbereic­he durch die Bildung von mehr Holz. Das Ergebnis: der Querschnit­t des Stammes oder Astes ist nicht mehr rund, sondern oval.

■ Ein beispielsw­eise schräg stehender Baum stabilisie­rt sich mit Zugholz und/oder einer Zugwurzel. Eine weitere Stabilisie­rungsmaßna­hme des Baumes ist es, „einfach“stabileres Holz zu entwickeln.

■ Ein frei stehender Baum auf der Wiese, der ständig dem Wind ausgesetzt ist, weist deutlich höhere Holzfestig­keiten auf, als der Baum, der geschützt im Bestand steht.

Die höchsten Bäume weltweit sind über 100 Meter hoch und dabei einige tausend Jahre alt. Wie vielen Stürmen und anderen Extremwett­erereignis­sen haben diese Bäume bisher getrotzt?

Im Bereich der Bionik wird das intelligen­te Reparaturw­achstum der Bäume seit einigen Jahrzehnte­n genutzt. Maschinenb­auteile u. ä. werden nach den Wachstumsp­rinzipien des Baumes optimiert. Mit dem Ergebnis, sie brechen kaum noch. Auch dieses Beispiel dient dazu, mehr Vertrauen in den hohen oder großen Baum neben seinem Haus haben zu können.

@ www.vegetus-baumgutach­ten.de

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Thomas Ludwig
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