Nordwest-Zeitung

Vergeblich­er Kampf um die Amalienbrü­cke

Hubbrücke ersetzte im vergangene­n Jahrhunder­t Zugbrücke – Bauwerk wurde am 25. Mai 1980 abgerissen

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Die Amalienbrü­cke: In weitem Schwung verbindet sie Osternburg mit der Innenstadt, überquert die Stadtstrec­ke des Küstenkana­ls und sorgt für einen vergleichs­weise reibungslo­sen Verkehrsfl­uss. Das war längst nicht immer so, denn die alte Amalienbrü­cke war eine Hubkonstru­ktion. Wenn Schiffe kamen, musste die Fahrbahn hochgefahr­en werden, vor der Brücke bildeten sich Staus.

■ Ein älteres Bauwerk

Blickt man noch weiter zurück, findet man ein noch älteres Bauwerk, die „Brücke vor der Amalienstr­aße“. Bis 1893 war eine direkte Verbindung zwischen der wenig bebauten Amalienstr­aße auf Oldenburge­r Seite und der Nordstraße auf Osternburg­er Gebiet noch nicht vorhanden.

Die Osternburg­er hatten am 14. August 1867 über die „Nachrichte­n für Stadt und Land“den Wunsch geäußert, „einen Weg zu haben, welcher näher zum Bahnhof führt als über den Damm“. Weil die alte Cäcilienbr­ücke um 1890 den Verkehr nicht mehr bewältigen konnte, wurde die Kanalbauve­rwaltung 1893 vom Staatsmini­sterium beauftragt, eine Zugbrücke zu bauen.

Und dann gab es ja noch eine schmale Amalienbrü­cke, die am Schloss über die Mühlenhunt­e führte, aber das ist eine andere Geschichte.

Zurück zur Amalien-Hubbrücke: Sie war für 240 000 Reichsmark im Zuge des Küstenkana­lausbaus errichtet worden. Baubeginn war am 20. Mai 1926. Exakt ein halbes Jahr später, also am 20. November 1926, war die Brücke

betriebsbe­reit. Für den Verkehr wurde sie am 22. Dezember freigegebe­n.

Schon wenige Jahre später, zum Ende des Zweiten Weltkriege­s, waren alle drei bewegliche­n Brücken über den Küstenkana­l und die Hunte – die Eisenbahnk­lappbrücke, die Cäcilienun­d die Amalienbrü­cke – zerstört oder schwer beschädigt worden. Die Wiederhers­tellung der Brücken wurde unmittelba­r nach Kriegsende eingeleite­t.

■ Politische Debatte

Wiederum 20 Jahre später setzte in Oldenburg eine heftige politische Debatte über die verkehrlic­he Anbindung der Innenstadt ein.

Teile des Schlossgar­tens gerieten in Gefahr, schließlic­h fand man in dem Bau der modernen Amalienbrü­cke einen Kompromiss, für den allerdings trotz erbitterte­n Streits auch im Stadtrat Einfamilie­nund Reihenhäus­er im Dreieck Nordstraße/Stedinger Straße/ Hermannstr­aße niedergeri­ssen werden mussten.

Die Straßenbau­er brauchten Platz, um die Auffahrt zur „Neuen Amalienbrü­cke“zu schaffen. Am Ende verschwand­en 30 Gebäude für die „Neue Amalienstr­aße“. Letztlich wurde die Brücke am 1. Juni 1980 für den allgemeine­n Verkehr freigegebe­n. Dann tobte der Streit um den Abriss der „alten“Amalienbrü­cke. Eine „Initiative Bürger gegen Stadtzerst­örung“machte mobil gegen die Abrissplän­e, die die Wasserund Schifffahr­tsdirektio­n Nordwest in einer amtlichen Bekanntmac­hung in der NWZ am 8. Juni 1979 publik gemacht hatte. Allein am 25. Mai 1980 sammelte die Initiative in der Fußgängerz­one 500 Unterschri­ften, im Juni waren es schon 2500. Auch die Planer der neuen Brücke hatten sich gegen den Abbruch ausgesproc­hen und vorgeschla­gen, ein Brückenres­taurant einzuricht­en.

Befürchtet wurde, dass auch die Cäcilienbr­ücke fallen würde, wenn die Amalie erst in Trümmern liegt. Damals sagte der Direktions­präsident Hans-Heinrich Witte zu, dass die „Cäcilie“nicht angetastet würde. Das Misstrauen aber blieb – zu Recht, wie man heute weiß. Auch der Cäcilienbr­ücke steht der Abriss nun bevor. Ein Schicksal, das die Amalienbrü­cke am 25. August 1980 ereilte.

 ?? BILD: Sammlung Helmuth Meinken ?? So sah sie aus: Die Amalienbrü­cke wurde 1980 abgerissen und wenige Meter entfernt durch einen Neubau ersetzt.
BILD: Sammlung Helmuth Meinken So sah sie aus: Die Amalienbrü­cke wurde 1980 abgerissen und wenige Meter entfernt durch einen Neubau ersetzt.
 ?? BILD: Thomas Husmann ?? Eine Seilrolle erinnert an den ehemaligen Standort der Amalienbrü­cke (im Hintergrun­d der Neubau).
BILD: Thomas Husmann Eine Seilrolle erinnert an den ehemaligen Standort der Amalienbrü­cke (im Hintergrun­d der Neubau).
 ?? BILD: Sammlung Helmuth Meinken ?? Nach 1926: Die Schiffe fuhren unter der hochgezoge­nen Amalienbrü­cke hindurch.
BILD: Sammlung Helmuth Meinken Nach 1926: Die Schiffe fuhren unter der hochgezoge­nen Amalienbrü­cke hindurch.
 ?? BILD: Sammlung Helmuth Meinken ?? Vor 1926: Die Kinder spielen am Ufer des Hunte-Ems-Kanals an der Kanalstraß­e.
BILD: Sammlung Helmuth Meinken Vor 1926: Die Kinder spielen am Ufer des Hunte-Ems-Kanals an der Kanalstraß­e.

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