Viel Oldenburg im Handwerksmuseum
Gute Beziehung zum Wesermarsch-Ort Ovelgönne reichen in Graf Anton Günthers Zeiten zurück
Oldenburg – Die Breite Straße heißt in Ovelgönne so, weil sie breit ist. Graf Anton Günther liebte die Pferdezucht in der Wesermarsch und ließ sich oft auf der Burg nieder, auf die die Straße direkt zulief, baute sie zu einem repräsentativen Schloss aus.
Der Ort ist auch deshalb nicht nur geographisch betrachtet das Zentrum der Wesermarsch, um den sich in den vergangenen Jahrhunderten viel drehte. Die 1677 eröffnete (und 2012 geschlossene) BurgApotheke beispielsweise versorgte die Menschen mit Arzneimitteln.
Kreisstadt ist heute Brake, in Nordenham, Berne und Lemwerder haben sich entlang der Weser bedeutende Unternehmen angesiedelt, Ovelgönne ist ein wenig an den Rand gerückt, wenn da nicht das Handwerksmuseum wäre.
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Francksen-Nachlass
Dessen Leiterin ist Susanne Schlechter (59), eine Oldenburgerin. Auch das ist längst nicht die einzige Verbindung zur Stadt. Zu sehen ist dort beispielsweise ein Teil des Nachlasses von Zahnarzt Georg Francksen (Vater von Dr. Dr. Ummo Francksen), der von 1918 bis bis 1950 als gebürtiger Butjadinger seine Praxis in Oldenburg am Theaterwall 24 betrieb.
Die Exponate ergänzen einen historischen Tretbohrer und die zahnmedizinischen Werkzeuge eines Ovelgönner Zahnarztes, die im Handwerksmuseum ausgestellt sind. Aus heutiger Sicht Folterinstrumente, damals aber Stand der Technik – es war allemal besser, einen Zahn zu behandeln als ihn gleich zu ziehen, wenn er schmerzte. In der Vitrine liegen zudem ein kleiner Lötkolben und die Rauch-Utensilien Francksens, weitere Stücke sind eingelagert.
Kein mittelalterliches Kettenhemd, sondern der Arbeitsschutz eines Fleischers: Susanne Schlechter hat die Ausstellung im Handwerksmuseum aufgebaut.
Ein anderes Beispiel: Der Vorfahr von Brigitte Köster und Christine Heitz aus Oldenburg war Mitglied der „Ovelgönner Singers“, einem Männergesangsverein, der bis 1934 existierte.
Im Sängerzimmer des Handwerksmuseums stehen der Sängertisch, in dessen Oberfläche die Namen von zwölf Mitgliedern eingeritzt sind, ein Schrank und ein Stuhl. Den hatte die Museumsleiterin im Flur von Brigitte Köster in Oldenburg zufällig entdeckt. Auf der Lehne las sie den Namen E. Mennig. Wie sich herausstellte, war es der Sängerstuhl des Kupferschmiedemeisters Emil Mennig.
Der Schrank gehörte dem Singer Georg Busch. Nun steht der „Boekerschapp vor de Singers van Oevelgunn“zusammen mit einem 1820 von einem Mennig-Vorfahren aus Messing geschmiedeten Ofen ebenfalls in dem Zimmer.
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Vieh- und Pferdemarkt
Graf Anton Günther übrigens ließ einen Vieh- und Pferdemarkt einrichten, der seit 1633 jährlich (außerhalb von Corona) Anfang September stattfindet. 1664 schenkte der Graf seinem illegitimen Sohn Anton von Aldenburg Ovelgönne, doch schon drei Jahre später kam es in den Besitz des dänischen Königs, der nach dem Tod Graf Anton Günthers dessen rechtmäßiger Erbe war. Die dänische Regierung ließ Schloss und Festung abreißen.
Der Graf war es auch, der in Ovelgönne den taubstummen Barockmaler Wolfgang Heimbach entdeckte, an seinen Hof holte und ausbilden ließ. Der Künstler malte später an verschiedenen Höfen. Sein in der Region bekanntestes Gemälde zeigt Graf Anton Günther auf seinem Pferd Kranich. Das Museum bietet ein breites Spektrum hiesiger Handwerkskunst. Weitere Themenfelder
Gerettet: Im Handwerksmuseum sind Teile des Mobiliars aus der 2012 geschlossenen Ovelgönner Burg-Apotheke zu sehen.
sind die Fotografie, Uhrmacherei, Fleischerei oder in einer Sonderausstellung die
Furchteinflößend: Mit dem Tretbohrer wurden Zahnpatienten behandelt.
Geschichte des Melkens. Auch der Arbeit der Hausfrauen ist eine vielseitige Abteilung gewidmet.
→@www.handwerksmuseum-ovelgönne.de