Nordwest-Zeitung

Kaum Einnahmen – aber 791 Euro Bußgeld

Kreis verschickt Bescheide – Waren im Eingangsbe­reich von Geschäften aufgestell­t

- Von Christian Quapp

Ammerland/Bad Zwischenah­n

– Anita Wittenborn ist fassungslo­s. 791 Euro soll die Einzelhänd­lerin aus Bad Zwischenah­n an den Landkreis Ammerland zahlen – 750 Euro Bußgeld, 37,50 Euro Gebühren und 3,50 Euro Auslagen. Der Grund: Ein Verstoß gegen die Corona-Verordnung des Landes Niedersach­sen, den sie am 21. März begangen haben soll. Was hatte sie getan? „Ich hatte im Eingang an der Tür einige Bademäntel hängen, vor der Tür stand ein kleiner Tisch mit Gästetüche­rn, übrigens alle einzeln und hygienisch verpackt“, sagt die Inhaberin von „Bad & Body“an der Peterstraß­e. An dem besagten Tag, einem Sonntag, seien Mitarbeite­rinnen des Ordnungsam­tes des Landkreise­s vorbeigeko­mmen und hätten ihr gesagt, dass diese Waren aus dem Eingangsbe­reich verschwind­en müssten. „Ich habe sie auch sofort reingeräum­t“, betont Wittenborn.

Regelung/Bescheide

Nachvollzi­ehen konnte sie die Anordnung allerdings nicht vollständi­g. Denn schließlic­h seien andere Händler im Ort nicht beanstande­t worden, obwohl diese deutlich mehr und ganz ähnliche Waren vor ihren Geschäften aufgebaut hatten. Waren des täglichen Bedarfs, so erfuhr Wittenborn dann, dürften auch an die Straße – aus ihrem Geschäft sind das zum Beispiel Seifen.

Wirklich nachvollzi­ehbar findet die Zwischenah­ner Händlerin diese Regelung bis heute nicht. Aber sie hat sich seitdem daran gehalten. Dass die Begegnung mit dem Ordnungsam­t noch teure Folgen haben würde, damit hat sie nicht gerechnet – auch nicht, als der Landkreis zunächst einen Anhörungsb­ogen

schickte. Als dann Ende der vergangene­n Woche der Bußgeldbes­cheid ins Haus flatterte, war sie entsetzt. Seit Monaten hat sie, genau wie viele Kollegen in Bad Zwischenah­n, kaum Einnahmen. 791 Euro reißen da ein tiefes zusätzlich­es Loch in die Kasse. Mindestens zwei weitere Händler aus der Nachbarsch­aft haben den gleichen Bescheid bekommen.

Was der Kreis sagt

Ist ein Bußgeld in dieser Höhe bei einem ersten Verstoß wirklich

angemessen? Das wollte unsere Zeitung am vergangene­n Freitag vom Landkreis wissen. Das zuständige Ordnungsam­t gab vor dem Wochenende keine Erklärung mehr dazu ab, Landrat Jörg Bensberg sagte aber: „Eigentlich ist ein deutlich höheres Bußgeld vorgesehen. Wir sind bewusst deutlich darunter geblieben.“Tatsächlic­h steht in dem Bescheid ein möglicher Höchstbetr­ag von 3000 Euro.

Bensberg sagte auch, es habe vor den Kontrollen durch das Ordnungsam­t des Landkreise­s bereits welche durch

das Ordnungsam­t der Gemeinde gegeben – die Regelungen hätten den Händlern demnach bekannt sein müssen. Anita Wittenborn hat zwar mit Mitarbeite­rn der Gemeinde gesprochen, allerdings habe es da keine Beanstandu­ngen gegeben, sagt sie. „Bis zu der Kontrolle durch den Landkreis war mir nicht bewusst, dass ich das nicht durfte“, betont sie. Sie sei davon ausgegange­n, dass ihre Waren ebenfalls zum täglichen Bedarf gehörten – gerade in einem Kurort. Andere Händler berichten, es habe

zwar Gespräche gegeben, das Gemeinde-Ordnungsam­t habe aber einzelne Warenständ­er vor den Geschäften hingenomme­n.

Landrat Bensberg deutete gegenüber unserer Zeitung an, dass es möglicherw­eise eine kulante Regelung geben könnte, wenn nachweisba­r sei, dass der betroffene Händler vorher tatsächlic­h nicht vom Gemeinde-Ordnungsam­t ermahnt worden sei. Ein kleiner Hoffnungss­chimmer also für Anita Wittenborn und möglicherw­eise auch für ihre Kollegen.

 ?? BILD: Christian Quapp ?? Entsetzt über das hohe Bußgeld, das sie zahlen soll: Anita Wittenborn, Inhaberin des Geschäftes „Bad & Body“in Bad Zwischenah­n. Sie zeigt das offizielle Schreiben.
BILD: Christian Quapp Entsetzt über das hohe Bußgeld, das sie zahlen soll: Anita Wittenborn, Inhaberin des Geschäftes „Bad & Body“in Bad Zwischenah­n. Sie zeigt das offizielle Schreiben.

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