Kaum Einnahmen – aber 791 Euro Bußgeld
Kreis verschickt Bescheide – Waren im Eingangsbereich von Geschäften aufgestellt
Ammerland/Bad Zwischenahn
– Anita Wittenborn ist fassungslos. 791 Euro soll die Einzelhändlerin aus Bad Zwischenahn an den Landkreis Ammerland zahlen – 750 Euro Bußgeld, 37,50 Euro Gebühren und 3,50 Euro Auslagen. Der Grund: Ein Verstoß gegen die Corona-Verordnung des Landes Niedersachsen, den sie am 21. März begangen haben soll. Was hatte sie getan? „Ich hatte im Eingang an der Tür einige Bademäntel hängen, vor der Tür stand ein kleiner Tisch mit Gästetüchern, übrigens alle einzeln und hygienisch verpackt“, sagt die Inhaberin von „Bad & Body“an der Peterstraße. An dem besagten Tag, einem Sonntag, seien Mitarbeiterinnen des Ordnungsamtes des Landkreises vorbeigekommen und hätten ihr gesagt, dass diese Waren aus dem Eingangsbereich verschwinden müssten. „Ich habe sie auch sofort reingeräumt“, betont Wittenborn.
Regelung/Bescheide
Nachvollziehen konnte sie die Anordnung allerdings nicht vollständig. Denn schließlich seien andere Händler im Ort nicht beanstandet worden, obwohl diese deutlich mehr und ganz ähnliche Waren vor ihren Geschäften aufgebaut hatten. Waren des täglichen Bedarfs, so erfuhr Wittenborn dann, dürften auch an die Straße – aus ihrem Geschäft sind das zum Beispiel Seifen.
Wirklich nachvollziehbar findet die Zwischenahner Händlerin diese Regelung bis heute nicht. Aber sie hat sich seitdem daran gehalten. Dass die Begegnung mit dem Ordnungsamt noch teure Folgen haben würde, damit hat sie nicht gerechnet – auch nicht, als der Landkreis zunächst einen Anhörungsbogen
schickte. Als dann Ende der vergangenen Woche der Bußgeldbescheid ins Haus flatterte, war sie entsetzt. Seit Monaten hat sie, genau wie viele Kollegen in Bad Zwischenahn, kaum Einnahmen. 791 Euro reißen da ein tiefes zusätzliches Loch in die Kasse. Mindestens zwei weitere Händler aus der Nachbarschaft haben den gleichen Bescheid bekommen.
Was der Kreis sagt
Ist ein Bußgeld in dieser Höhe bei einem ersten Verstoß wirklich
angemessen? Das wollte unsere Zeitung am vergangenen Freitag vom Landkreis wissen. Das zuständige Ordnungsamt gab vor dem Wochenende keine Erklärung mehr dazu ab, Landrat Jörg Bensberg sagte aber: „Eigentlich ist ein deutlich höheres Bußgeld vorgesehen. Wir sind bewusst deutlich darunter geblieben.“Tatsächlich steht in dem Bescheid ein möglicher Höchstbetrag von 3000 Euro.
Bensberg sagte auch, es habe vor den Kontrollen durch das Ordnungsamt des Landkreises bereits welche durch
das Ordnungsamt der Gemeinde gegeben – die Regelungen hätten den Händlern demnach bekannt sein müssen. Anita Wittenborn hat zwar mit Mitarbeitern der Gemeinde gesprochen, allerdings habe es da keine Beanstandungen gegeben, sagt sie. „Bis zu der Kontrolle durch den Landkreis war mir nicht bewusst, dass ich das nicht durfte“, betont sie. Sie sei davon ausgegangen, dass ihre Waren ebenfalls zum täglichen Bedarf gehörten – gerade in einem Kurort. Andere Händler berichten, es habe
zwar Gespräche gegeben, das Gemeinde-Ordnungsamt habe aber einzelne Warenständer vor den Geschäften hingenommen.
Landrat Bensberg deutete gegenüber unserer Zeitung an, dass es möglicherweise eine kulante Regelung geben könnte, wenn nachweisbar sei, dass der betroffene Händler vorher tatsächlich nicht vom Gemeinde-Ordnungsamt ermahnt worden sei. Ein kleiner Hoffnungsschimmer also für Anita Wittenborn und möglicherweise auch für ihre Kollegen.