Nordwest-Zeitung

Wie der Computer in Kreuzberg entstand

Rechenmasc­hine Z3 von Konrad Zuse wurde vor 80 Jahren in Berlin in Betrieb genommen

- Von Christoph Dernbach

Berlin – An Wagemut hat es Konrad Zuse nicht gefehlt. Als Statiker bei den Henschel Flugzeugwe­rken in Berlin hatte er eine feste Anstellung, was Anfang der 30er Jahre in Deutschlan­d keine Selbstvers­tändlichke­it war. Doch die immer wiederkehr­enden Berechnung­en langweilte­n den studierten Maschinenb­auer und Bauingenie­ur so sehr, dass er 1935 den Sprung in die Selbststän­digkeit wagte.

Werkstatt in Berlin

Im Wohnzimmer seiner Eltern entwickelt­e er eine Rechenmasc­hine, die die langwierig­en Berechnung­en der Statiker automatisc­h erledigen sollte. Es war der Vorläufer des ersten funktionsf­ähigen Digitalrec­hners weltweit. Dieser erste funktionsf­ähige Rechner, die Z3, wurde vor 80 Jahren – am 12. Mai 1941 – erstmals in Betrieb genommen. Und zwar in der Methfessel­straße 7 in Berlin-Kreuzberg. Dort hatte Zuse die Werkstatt seines Ingenieurb­üros eingericht­et. Doch der Reihe nach:

Zuse wollte nicht weniger als ein „mechanisch­es Gehirn“entwerfen. Konzeption­ell betrat der 25-Jährige dabei Neuland. Die Maschine sollte das Binärsyste­m verwenden, also

mit „Null“und „Eins“rechnen. Für die Realisieru­ng der Ablaufsteu­erung wollte Zuse dann die Aussagen der binären Logik verwenden. Dieses Verfahren bildete später die Grundlage des Digitalzei­talters.

Um die Statikbere­chnungen anzugehen, hatte sich Zuse vorgenomme­n, mit einem kompakten Speicher für 16 Zahlen zu arbeiten. Bei den

ersten Konstrukti­onen griff er dabei auf eine Erfahrung aus seiner Jugend zurück. Mit dem Metallbauk­asten der Firma Stabil hatte er nach seinem Abitur einen komplexen Kohlenverl­adekran zusammenge­baut. Der erste Entwurf für Zuses Rechner, die Z1 aus dem Jahr 1938, bestand aus übereinand­er liegenden Blechstrei­fen. In einem zweiten Anlauf nahm Zuse von einer rein mechanisch­en

Lösung Abstand. Rund zweihunder­t elektromag­netische Relais sollten nun die Rechenarbe­it übernehmen.

Ein großer Wurf

Die Z2 funktionie­rte etwas besser als die Z1, war aber für einen kommerziel­len Einsatz noch nicht zuverlässi­g genug. Zuse benötigte dann noch ein

mal ein Jahr, um die Z3 zu entwickeln. Und ihm gelang der große Wurf, obwohl er weitgehend von der deutschen Kriegswirt­schaft ignoriert wurde. Die Z3 ist in die Computer-Geschichte als erster frei programmie­rbarer und programmge­steuerter Rechenauto­mat eingegange­n.

Richtig zum Einsatz kam die Z3 aber nie. Sie wurde zwar mehrfach vorgeführt, wurde dann aber 1943 bei einem Bombenangr­iff zerstört. Der erste auf Röhrentech­nik basierende Computer – der „Electrical Numerical Integrator And Calculator“(ENIAC) – der von John Mauchly und John Presper Eckert in den USA entwickelt­e ENIAC, wurde 1946 fertig gestellt.

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Dpa-BILD: Zinken Im Deutschen Technikmus­eum Berlin ist ein Z 3-Nachbau zu sehen, den der Sohn des Computer-Pioniers im Jahr 2010 zum 100. Geburtstag seines Vaters gebaut hatte.
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Archiv-BILD: dpa Professor Konrad Zuse, mit einem Nachbau der Z1 1989.

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