Merkel und Laschet versprechen Soforthilfen
„Sache von Tagen“– Noch mehr Helfer aus Weser-Ems im Einsatz
Bad Münstereifel/Im Nordwesten – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat binnen weniger Tage zum zweiten Mal die Hochwassergebiete in der Eifel besucht und den Betroffenen unbürokratische Soforthilfe zugesagt. Man werde alles daran setzen, „dass das Geld schnell zu den Menschen kommt“, sagte sie am Dienstag bei ihrem gemeinsamen Besuch mit Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in der stark vom Hochwasser beschädigten Stadt Bad Münstereifel. „Ich hoffe, dass das eine Sache von Tagen ist.“
An diesem Mittwoch will das Bundeskabinett ein Hilfspaket beschließen. Laschet kündigte an, dass sein Bundesland am Donnerstag nachlegen und den vom Bund geplanten Hilfebeitrag verdoppeln wolle.
Die Zahl der Todesopfer ist auf mindestens 165 gestiegen: Aus Rheinland-Pfalz wurden 117 und aus NRW 48 Tote bestätigt.
In beiden Bundesländern wurde nicht ausgeschlossen, dass noch weitere Opfer gefunden werden könnten.
Merkel und Laschet sprachen in Bad Münstereifel mit Bürgern, Helfern und lokal Verantwortlichen über das Ausmaß der Schäden. Die Altstadt war durch die Überschwemmungen in der vergangenen Woche nahezu komplett zerstört worden. Das Ausmaß der Flut sei „erschreckend“, sagte Merkel.
„Das einzige, was tröstet, ist die Solidarität der Menschen“, sagte die Kanzlerin. Sie bedankte sich beim THW, den Feuerwehren, dem Deutschen Roten Kreuz, dem DLRG, der Bundeswehr sowie allen weiteren Helfern und Spendern.
Aus Niedersachsen sind rund 1700 Kräfte von Hilfsorganisationen, Feuerwehr und Polizei im Einsatz. Am Dienstag rückte auch die Regionalbereitschaft Weser-Ems der Johanniter-Unfall-Hilfe mit 142 Kräften aus. Ihr Ziel ist das ebenfalls stark betroffene Ahrweiler in Rheinland-Pfalz.
■ Wie die Finanzhilfe an die Betroffenen gelangen soll und wie es um den Katastrophenschutz steht, lesen Sie auf
Berlin – Wer hat wann und auf welchem Weg vor den drohenden Wassermassen gewarnt? In den Katastrophengebieten fragen sich manche Menschen jetzt, ob frühere bessere Warnungen womöglich Leben gerettet hätten. Behördenleiter und Feuerwehr sagen, sie seien aktuell noch zu sehr mit der Bewältigung der Krise beschäftigt, um dazu umfassend Auskunft zu geben. Für die Landesregierungen gilt das nicht unbedingt. Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Welche Möglichkeiten ? gibt es derzeit, die Bevölkerung zu warnen
Heulende Sirenen, Lautsprecher-Durchsagen, Warntafeln im Stadtgebiet, Hinweise im Radio oder Gefahrenmeldungen, die auf dem Handy ankommen. In Deutschland setzen Bund, Länder und Kommunen auf mehrere Methoden gleichzeitig. Das soll helfen, im Katastrophenfall auch wirklich jeden zu erreichen. In Berlin und in einigen anderen Regionen gibt es allerdings schon länger keine Sirenen mehr. Nach dem Ende des Kalten Krieges hielt man das für überholt. Das ändert sich allerdings. Schon vor einigen Monaten hat der Bund ein Förderprogramm für Sirenen aufgelegt. „Die Sirene ist wegen der Einzigartigkeit der Weckfunktion vor allem nachts wichtig“, sagt der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK), Armin Schuster.
Wurden die Menschen ? angemessen und früh genug gewarnt
Teilweise ja, teilweise nein. Ein Beispiel dafür, dass nicht alles optimal lief, ist das rheinlandpfälzische Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der Landkreis Ahrweiler setzte am vergangenen Mittwoch um 19.35 Uhr, als schon zahlreiche Straßen überschwemmt waren, über den Anbieter Katwarn per App
Extreme Zerstörungen im Ortskern von Mayschoß: Viele Häuser in dem Ort in Rheinland-Pfalz wurden von der Flutwelle stark in Mitleidenschaft gezogen oder ganz fortgerissen.
und SMS eine HochwasserWarnung mit dem Hinweis „Meiden Sie tieferliegende Gebäudeteile, wie Keller oder Tiefgaragen“ab. Um 21.05 Uhr kam dann von der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ein Hinweis auf Stromausfall, verbunden mit der Aufforderung „Bitte schalten Sie alle elektrischen Verbraucher ab.“
Um 23.09 Uhr, als viele Menschen schon schliefen, kam dann über die App die Aufforderung an alle Menschen in drei Ortschaften, die 50 Meter rechts und links der
Ahr wohnen, ihre Wohnungen zu verlassen. Über das WarnSystem Nina kam kein Warnhinweis. Auch über Warnungen auf anderem Wege ist bislang nichts bekannt. Der Kreis Ahrweiler antwortete am Dienstag zunächst nicht auf die Frage, wann und wie gewarnt wurde. In Ahrweiler starben nach aktueller Lage 122 Menschen.
Besser lief es zum Beispiel entlang der Wupper in Nordrhein-Westfalen. Hier waren Anwohner in der Nacht durch Sirenen geweckt und aufgefordert
worden, umgehend den Gefahrenbereich zu verlassen.
Wer ist für die Warnungen ? verantwortlich
Gewarnt wird bei schweren Unwettern und Hochwasser auf lokaler und regionaler Ebene. Wer das konkret macht, ist je nach Bundesland leicht unterschiedlich. In der Regel ist es der Landrat, der Bürgermeister oder eine Landesbehörde. Den Rahmen setzt das Land in seinem Katastrophenschutzgesetz.
Das BBK stellt Nina und das Warn-System MoWaS bereit. Über diese technische Plattform können unter anderem der Deutsche Wetterdienst, die Lagezentren der Bundesländer und die Leitstellen der Kommunen Warnmeldungen erfassen und versenden, auch an Radiound Fernsehstationen.
Was haben die Landesregierungen ? gemacht
Am Sonntag übernahm der Präsident der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier, Thomas Linnertz, die Einsatzleitung in Ahrweiler. In einer Mitteilung hieß es: „Die dramatische Lage im Kreis Ahrweiler übersteigt nach den Worten von Landrat Dr. Jürgen Pföhler die Leistungsfähigkeit des Kreises erheblich.“Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte: „Ich glaube, die Befindlichkeit bei uns ist: Wir leben in einer heilen Industriewelt, – uns kann nichts passieren.“Dass manche Menschen amtliche Warnungen nicht so ernst nehmen, kann aber nicht davon ablenken, dass es mit den Warnungen nicht überall funktioniert hat.