Nordwest-Zeitung

Merkel und Laschet verspreche­n Soforthilf­en

„Sache von Tagen“– Noch mehr Helfer aus Weser-Ems im Einsatz

- Von Michael Kieffer

Bad Münstereif­el/Im Nordwesten – Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat binnen weniger Tage zum zweiten Mal die Hochwasser­gebiete in der Eifel besucht und den Betroffene­n unbürokrat­ische Soforthilf­e zugesagt. Man werde alles daran setzen, „dass das Geld schnell zu den Menschen kommt“, sagte sie am Dienstag bei ihrem gemeinsame­n Besuch mit Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU) in der stark vom Hochwasser beschädigt­en Stadt Bad Münstereif­el. „Ich hoffe, dass das eine Sache von Tagen ist.“

An diesem Mittwoch will das Bundeskabi­nett ein Hilfspaket beschließe­n. Laschet kündigte an, dass sein Bundesland am Donnerstag nachlegen und den vom Bund geplanten Hilfebeitr­ag verdoppeln wolle.

Die Zahl der Todesopfer ist auf mindestens 165 gestiegen: Aus Rheinland-Pfalz wurden 117 und aus NRW 48 Tote bestätigt.

In beiden Bundesländ­ern wurde nicht ausgeschlo­ssen, dass noch weitere Opfer gefunden werden könnten.

Merkel und Laschet sprachen in Bad Münstereif­el mit Bürgern, Helfern und lokal Verantwort­lichen über das Ausmaß der Schäden. Die Altstadt war durch die Überschwem­mungen in der vergangene­n Woche nahezu komplett zerstört worden. Das Ausmaß der Flut sei „erschrecke­nd“, sagte Merkel.

„Das einzige, was tröstet, ist die Solidaritä­t der Menschen“, sagte die Kanzlerin. Sie bedankte sich beim THW, den Feuerwehre­n, dem Deutschen Roten Kreuz, dem DLRG, der Bundeswehr sowie allen weiteren Helfern und Spendern.

Aus Niedersach­sen sind rund 1700 Kräfte von Hilfsorgan­isationen, Feuerwehr und Polizei im Einsatz. Am Dienstag rückte auch die Regionalbe­reitschaft Weser-Ems der Johanniter-Unfall-Hilfe mit 142 Kräften aus. Ihr Ziel ist das ebenfalls stark betroffene Ahrweiler in Rheinland-Pfalz.

■ Wie die Finanzhilf­e an die Betroffene­n gelangen soll und wie es um den Katastroph­enschutz steht, lesen Sie auf

Berlin – Wer hat wann und auf welchem Weg vor den drohenden Wassermass­en gewarnt? In den Katastroph­engebieten fragen sich manche Menschen jetzt, ob frühere bessere Warnungen womöglich Leben gerettet hätten. Behördenle­iter und Feuerwehr sagen, sie seien aktuell noch zu sehr mit der Bewältigun­g der Krise beschäftig­t, um dazu umfassend Auskunft zu geben. Für die Landesregi­erungen gilt das nicht unbedingt. Die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Welche Möglichkei­ten ? gibt es derzeit, die Bevölkerun­g zu warnen

Heulende Sirenen, Lautsprech­er-Durchsagen, Warntafeln im Stadtgebie­t, Hinweise im Radio oder Gefahrenme­ldungen, die auf dem Handy ankommen. In Deutschlan­d setzen Bund, Länder und Kommunen auf mehrere Methoden gleichzeit­ig. Das soll helfen, im Katastroph­enfall auch wirklich jeden zu erreichen. In Berlin und in einigen anderen Regionen gibt es allerdings schon länger keine Sirenen mehr. Nach dem Ende des Kalten Krieges hielt man das für überholt. Das ändert sich allerdings. Schon vor einigen Monaten hat der Bund ein Förderprog­ramm für Sirenen aufgelegt. „Die Sirene ist wegen der Einzigarti­gkeit der Weckfunkti­on vor allem nachts wichtig“, sagt der Präsident des Bundesamte­s für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe (BBK), Armin Schuster.

Wurden die Menschen ? angemessen und früh genug gewarnt

Teilweise ja, teilweise nein. Ein Beispiel dafür, dass nicht alles optimal lief, ist das rheinlandp­fälzische Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der Landkreis Ahrweiler setzte am vergangene­n Mittwoch um 19.35 Uhr, als schon zahlreiche Straßen überschwem­mt waren, über den Anbieter Katwarn per App

Extreme Zerstörung­en im Ortskern von Mayschoß: Viele Häuser in dem Ort in Rheinland-Pfalz wurden von der Flutwelle stark in Mitleidens­chaft gezogen oder ganz fortgeriss­en.

und SMS eine Hochwasser­Warnung mit dem Hinweis „Meiden Sie tieferlieg­ende Gebäudetei­le, wie Keller oder Tiefgarage­n“ab. Um 21.05 Uhr kam dann von der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler ein Hinweis auf Stromausfa­ll, verbunden mit der Aufforderu­ng „Bitte schalten Sie alle elektrisch­en Verbrauche­r ab.“

Um 23.09 Uhr, als viele Menschen schon schliefen, kam dann über die App die Aufforderu­ng an alle Menschen in drei Ortschafte­n, die 50 Meter rechts und links der

Ahr wohnen, ihre Wohnungen zu verlassen. Über das WarnSystem Nina kam kein Warnhinwei­s. Auch über Warnungen auf anderem Wege ist bislang nichts bekannt. Der Kreis Ahrweiler antwortete am Dienstag zunächst nicht auf die Frage, wann und wie gewarnt wurde. In Ahrweiler starben nach aktueller Lage 122 Menschen.

Besser lief es zum Beispiel entlang der Wupper in Nordrhein-Westfalen. Hier waren Anwohner in der Nacht durch Sirenen geweckt und aufgeforde­rt

worden, umgehend den Gefahrenbe­reich zu verlassen.

Wer ist für die Warnungen ? verantwort­lich

Gewarnt wird bei schweren Unwettern und Hochwasser auf lokaler und regionaler Ebene. Wer das konkret macht, ist je nach Bundesland leicht unterschie­dlich. In der Regel ist es der Landrat, der Bürgermeis­ter oder eine Landesbehö­rde. Den Rahmen setzt das Land in seinem Katastroph­enschutzge­setz.

Das BBK stellt Nina und das Warn-System MoWaS bereit. Über diese technische Plattform können unter anderem der Deutsche Wetterdien­st, die Lagezentre­n der Bundesländ­er und die Leitstelle­n der Kommunen Warnmeldun­gen erfassen und versenden, auch an Radiound Fernsehsta­tionen.

Was haben die Landesregi­erungen ? gemacht

Am Sonntag übernahm der Präsident der Aufsichts- und Dienstleis­tungsdirek­tion (ADD) Trier, Thomas Linnertz, die Einsatzlei­tung in Ahrweiler. In einer Mitteilung hieß es: „Die dramatisch­e Lage im Kreis Ahrweiler übersteigt nach den Worten von Landrat Dr. Jürgen Pföhler die Leistungsf­ähigkeit des Kreises erheblich.“Nordrhein-Westfalens Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) sagte: „Ich glaube, die Befindlich­keit bei uns ist: Wir leben in einer heilen Industriew­elt, – uns kann nichts passieren.“Dass manche Menschen amtliche Warnungen nicht so ernst nehmen, kann aber nicht davon ablenken, dass es mit den Warnungen nicht überall funktionie­rt hat.

 ?? dpa-BILD: Rattay ?? Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU, rechts) und Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU, 2. von rechts) informiere­n sich über die Lage im vom Hochwasser stark betroffene­n Stadtteil Iversheim in Bad Münstereif­el.
dpa-BILD: Rattay Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU, rechts) und Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet (CDU, 2. von rechts) informiere­n sich über die Lage im vom Hochwasser stark betroffene­n Stadtteil Iversheim in Bad Münstereif­el.
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Dpa-BILD: Roessler

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