Nordwest-Zeitung

Menschen beim Thema Ernährung helfen

Thema wird immer komplexer – Oldenburge­r Institut will Verbrauche­r unterstütz­en

- Von Klaus-Peter Jordan

Zwei Drittel aller deutschen Männer und gut die Hälfte der deutschen Frauen sind übergewich­tig. Und selbst rund 15,4 Prozent der Kinder wiegen zu viel für ihr Alter – so eine inzwischen schon vier Jahre alte Studie des Robert KochInstit­uts (RKI). Das Hauptprobl­em: Die Deutschen ernähren sich nicht richtig.

Ernährung betrifft jeden Menschen jeden Tag und ist ein komplexes Thema. Eine fundierte und wissen schafts basierte Wissensver­mittlung ist notwendig, umg es und heitsundna ch haltigkeit­s orientiert­e Entscheidu­ngen treffen zu können. Da waren sich die Teilnehmer einer Veranstalt­ung zum Thema Ernährungs­bildung der Wissenscha­ftlichen Koordinier­ungsstelle trafo agrar (Vechta) einig.

■ Kochen für Mediziner

„Wegen der Zunahme der Komplexitä­t – Gesundheit, Geschmack, Tierwohl, Fairtrade, Gentechnik, Klima – kann man die Menschen mit dem Thema Ernährung nicht alleinlass­en“, sagt Dr. Thomas Ellrott, Leiter des Instituts für Ernährungs­psychologi­e an der Georg-August-Universitä­t Göttingen. Und man müsse das Thema in die Lebenswelt­en der Menschen übersetzen. „Es gibt nicht eine gesunde Ernährung.

Die Menschen unterschei­den sich, etwa beim Körperbau, bei ihren Aktivitäte­n oder ihrem Sozialstat­us.“Ernährungs­bildung müsse daher individual­isiert stattfinde­n. Ellrott, selbst Mediziner, plädiert für Kochen als Wahlpflich­tfach für Medizinstu­denten.

■ Ein Leben lang

Ernährungs­bildung müsse bereits im frühen Kindesalte­r beginnen „und uns ein Leben lang begleiten“, fordert Rike Bullwinkel, Leiterin des Zentrums für Ernährung und Hauswirtsc­haft Niedersach­sen (ZEHN) in Oldenburg. Früher habe Bildung in Sachen Ernährung meist automatisc­h in den Familien stattgefun­den. Dies sei heute immer weniger der Fall. Gleichzeit­ig steige die Zahl der Lebensmitt­el, aus denen wir im Supermarkt auswählen können.

Ernährungs­bildung müsse dabei viele Anforderun­gen erfüllen. Etwa Antworten zu Produktion, Herkunft, Verarbeitu­ng, Warenkunde, Nährstoffe, Einkauf, Lagerung, Speiseplan, Zubereitun­g, Resteverwe­rtung, Qualitätsb­eurteilung, Regionalit­ät oder Saisonalit­ät. Hierzu gebe es ein reiches Informatio­nsangebot. „Das Internet etwa biete viele Informatio­nsmöglichk­eiten, aber auch Herausford­erungen, etwa bei der Qualitätsb­ewertung der Quellen“, erklärt Bullwinkel. Für die ZEHN-Geschäftsf­ührerin ist klar: Ernährungs­bildung muss zielgruppe­nspezifisc­h, handlungso­rientiert, qualitätsg­esichert und neutral erfolgen. „Ernährungs­bildung muss zu einem lebensbegl­eitenden Prozess werden“, fordert Rike Bullwinkel.

Und sie müsse so ausgericht­et sein, dass sie „Menschen befähigt und motiviert, ihr Handeln an dem Prinzip auszuricht­en, „heute nicht auf Kosten von morgen und hier nicht auf Kosten von anderswo“, zitiert sie die ehemalige Münsterane­r Hochschulp­rofessorin Irmhild Kettschau.

■ Problemati­sche Lücke

Allerdings räumt Bullwinkel ein, dass es wohl bei aller Ernährungs­bildung der Verbrauche­r auch in Zukunft eine Lücke geben wird zwischen Wissen und Handeln und nennt als ein aktuelles Beispiel: Tierwohl, ja bitte; aber mehr Geld für Fleisch ausgeben, nein danke.

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BILD: SRH Hochschule Heidelberg Ernährungs­bildung sollte bereits im frühen Kindesalte­r beginnen „und uns ein Leben lang begleiten“, fordert das Zentrum für Ernährung und Hauswirtsc­haft (ZEHN) in Oldenburg.

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