Franzosen von Folter zur Final-Freude
Équipe tricolore an diesem Sonntag im Endspiel gegen Spanien
Turin – Im Land von EndspielGegner Spanien freuen sie sich auf die Marseillaise vor dem „Finale der Finals“. Im Land des geschlagenen Halbfinalisten Belgien regen sie sich über den Spott aus der Besieger-Nation auf. Und in Frankreich selbst sind sie einfach hin und weg von ihrer Équipe tricolore nach der rasant-unfassbaren Aufholjagd des Fußball-Weltmeisters im Halbfinale der Nations League gegen den Weltranglistenersten. „Von Folter zur Freude“, schrieb die Sportzeitung „L’Équipe“. Sogar der bekannt nüchtern-kauzige Didier Deschamps geriet nach dem denkwürdigen Sieg in letzter Minute ins Schwärmen: „Es ist fabelhaft.“Das sei der Fußball, „den wir lieben. Wenn du auf der guten Seite des Wahnsinns bist, ist es großartig“.
0:2 lag Frankreich zurück zur Pause. Die nächste Enttäuschung drohte 101 Tage nach dem EM-Aus des Weltmeisters gegen die Schweiz. Karim Benzema (62. Minute), Kylian Mbappé per Foulelfmeter (69.) und Theo Hernandez, Bruder von Auswahlkollege und Bayern-Profi Lucas Hernandez, in der 90. Minute machten die Wende gegen verdutzte Belgier in Turin perfekt.
„Wir wollten ins Finale und haben aufgehört zu spielen“, sagte Belgiens Coach Roberto Martínez und sprach von einer „grausamen Erfahrung“. Schließlich lag seine Mannschaft, die dem Ruf der Goldenen Generation nicht gerecht werden kann, wenn es drauf ankommt, durch den Vier-Minuten-Doppelschlag durch Yannick Carrasco (37.) und Romelu Lukaku (41.) kurz vor der Pause schon auf Finalkurs.
„Wütend, zum zweiten Mal“, titelte „L’Équipe“am Freitag in Anspielung auch auf das WMAus 2018 der Belgier im Halbfinale gegen den späteren Titelträger Frankreich. „Die französische Presse verspottet unsere ,verfluchte Generation’“, konterte „Het Laatste Nieuws“. Groß sei die Freude in französischen Medien, „dass sie es doch geschafft haben, die Roten Teufel klein zu machen“.
Fakt ist: Nicht Belgien spielt um seinen ersten internationalen Titel seit dem Olympiasieg 1920 an diesem Sonntag (20.45 Uhr/ARD) in Mailand gegen Spanien. Frankreich hat die nächste Chance auf eine Trophäe. „Die größte Rivalität unter europäischen Nachbarn“, befand Spaniens Sportblatt „As“und fürchtet die „einzigartige Durchschlagskraft“des Teams um Mbappé.
Dass der manchmal auch gescholtene und vor allem bei der EM im Sommer enttäuschende PSG-Profi gegen die Belgier im Supersturm mit Benzema und Antoine Griezmann eine besondere Rolle spielen würde, hatte Deschamps geahnt. „Seit er diese Woche angekommen ist, habe ich es gespürt in seiner Einstellung und seinem Handeln, dass das ein Spiel für ihn wird“, erzählte der Coach: „Gut für ihn und gut für uns.“