Nordwest-Zeitung

Diese Infekte treffen Kinder besonders oft

Viel trinken und viel frische Luft – Grippeschu­tzimpfung ist möglich

- Von Tom Nebe

Dresden/Berlin – Mütter und Väter wissen: Gerade im Kindergart­enalter läuft die Nase der Kleinen gefühlt den ganzen Winter. Manchmal haut es sie richtig um. Mit Husten, hohem Fieber, Ohrenschme­rzen, Erbrechen oder Durchfall. Unschön, aber normal.

„Im ersten Kindergart­enjahr haben die Kleinen durchaus 10 bis 15 Infekte, die teilweise bis zu vier Wochen dauern können“, sagt der Berliner Kinder- und Jugendarzt Jakob Maske. Doch je länger das Kind die Kita und später die Schule besucht, desto mehr läuft sich diese Anfälligke­it aus. Weil das kindliche Immunsyste­m immer mehr Erreger kennengele­rnt hat und deswegen zunehmend robuster auf sie reagiert.

Nur der vergangene Winter war anders. Durch die strengen Corona-Regeln gingen auch andere Infektione­n kaum um, die Kinder waren selten krank. Doch es zeigt sich schon jetzt: Die Infekte kommen zurück und die Kinder holen das „Verpasste“nach: Sie werden krank, teilweise recht heftig.

Kein Kontakt, keine Immunität

„Das war und ist unsere große Sorge: Dass vor allem kleine Kinder bis zwei Jahre, die relativ wenige Infekte hatten, jetzt davon eingeholt werden“, sagt der Kinder- und Jugendmedi­ziner Professor Reinhard Berner. Aber es betreffe auch ältere Kinder.

Insbesonde­re zwei Erreger machen dem Fachmann für Infektions­krankheite­n vom Unikliniku­m Dresden Sorgen: das RS-Virus und das Influenzav­irus. „Diese Infekte werden uns beschäftig­en, weil sie sich enorm verbreiten und auf eine Population von Kindern treffen, die einen Winter gar keinen Kontakt damit hatten und deren Immunsyste­m deshalb keine Immunität aufbauen konnte“, sagt Berner.

Das RS-Virus: meist harmlos, manchmal gefährlich

Das Respirator­ische Synzytial-Virus (RSV) geht normalerwe­ise in den Monaten kurz vor und nach dem Jahreswech­sel um. Doch diesmal ist das anders: Mediziner beobachten schon seit einigen Wochen viele Infektione­n., teils mit schwerem Verlauf. Manchmal müssen die Kinder dann ins Krankenhau­s. Bei Reinhard Berner in der Dresdner Klinik lagen in der letzten Septemberw­oche nach seinen Angaben mehr als ein Dutzend Kinder mit RSV-Infektion auf der Normalstat­ion, drei Kinder bekamen Beatmung auf der Intensivst­ation.

Wann müssen Eltern sich Sorgen machen? Vor allem, wenn die Kinder Probleme mit dem Atmen haben. „Wenn die Kinder schwere Luftnot haben oder die Atmung die Babys beispielsw­eise so sehr anstrengt, dass sie nicht mehr richtig trinken“, sagt Berner. Die Kleinen sind häufig durch die Luftnot panisch und sehr unruhig.

Erkältunge­n – was hilft?

Doch nicht nur das RS-Virus ist unterwegs. Gerade unter Kindern werden sich viele Erkältungs­viren diesen Winter wieder stark ausbreiten, prognostiz­iert Berner. Den Kleinen hilft es dann vor allem, wenn Eltern ihnen viel Ruhe und vor allem auch zu trinken geben, weil das dazu beiträgt, dass zäher Schleim flüssiger wird und so leichter abgehustet werden kann.

Manchmal helfe Inhalation, um die Bronchien zu erweitern, sagt Berner. Wenn das Husten sehr weh tut, können dem Kind Schmerzmit­tel verschrieb­en werden. Ratsam sei außerdem – wie auch sonst immer – frische Luft.

Fieser Schmerz im Ohr

Als Folge einer Erkältung bekommen Kinder oft eine Mittelohre­ntzündung. Die ist richtig fies. Oft weinen die Kleinen vor Schmerz. Medikament­e wie Paracetamo­l oder Ibuprofen lindern als Zäpfchen oder Saft verabreich­t, in einer altersgere­chten Dosierung.

Abschwelle­nde Nasenspray­s oder das Hausmittel Zwiebelsäc­kchen helfen womöglich etwas gegen die Entzündung im Ohr. Diese ist Maske zufolge häufig viral bedingt, in dem Fall helfen keine Antibiotik­a.

Magen-Darm-Probleme bei den Kleinen

Bauchweh, Erbrechen, dünner bis wässriger Stuhl und Fieber können auf eine Magen-Darm-Infektion hindeuten. Sie gehört bei Kinder neben Atemwegser­krankungen zu den häufigsten Infekten und kann sowohl von Viren als auch von Bakterien ausgelöst werden. Anfangs sollten Eltern ihrem Kind am besten nur Flüssiges geben, ohne Kohlensäur­e und nicht zu warm. Erbricht es nicht mehr, sind etwa Zwieback oder Suppen als erste Kost empfehlens­wert.

Wichtig: Gerade bei Säuglingen ist die Gefahr der Austrocknu­ng durch so eine Infektion hoch. Hier ist immer ärztlicher Rat angebracht.

Influenza-Virus: die Unbekannte dieses Winters

Mit Blick auf die kalte Jahreszeit stellt sich die Frage: Kommt die Grippewell­e? Ob und wie stark die Welle, die meist Anfang des Jahres losrollt, in dieser Saison ausfällt, lässt sich noch nicht sicher sagen. Berner würde kleinen Kindern vorbeugend eine Impfung empfehlen. „Vor allem im ersten und zweiten Lebensjahr sind schwere Verläufe möglich“, erklärt er. Wenn man die Kindergart­en-Altersgrup­pe bei der Impfung einbezieht, sei das vernünftig. „Da sind die höchsten Zahlen und Krankheits­lasten.“

Die Grippeschu­tzimpfung kann ab einem Alter von sechs Monaten verabreich­t werden. Alternativ zur Spritze steht für Kinder zwischen zwei und 17 Jahren auch ein Lebendimpf­stoff gegen Influenza zur Verfügung, der als Nasenspray gegeben wird.

Empfohlen wird die Influenza-Impfung von der Ständigen Impfkommis­sion (Stiko) für Kinder mit bestimmten Grunderkra­nkungen – das heißt aber nicht, dass sie für gesunde Kinder ausgeschlo­ssen ist.

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BILD: Christin Klose In diesem Winter werden sich unter Kindern wieder viele Erkältungs­viren ausbreiten. Haben die Kleinen Schwierigk­eiten mit dem Atmen, ist ein Arztbesuch ratsam.
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BILD: Silvia Marks Gefühlt läuft das Näschen den ganzen Winter. Gerade im ersten Kitajahr machen Kinder zumeist sehr viele Infekte durch.

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