Reinste Polit-Taktik
Als am Samstag die Meldung aus Wien die Runde machte, Kanzler Kurz trete zurück, dachte man noch: Das war’s für ihn. Doch bei näherer Betrachtung sieht die Sache ganz anders aus: Mitnichten zeigt der einstige politische Shootingstar Einsicht, dass er bei seinem Weg nach ganz oben nicht immer die richtigen Mittel angewandt hat.
Stattdessen setzt er auf ein rein taktisches Manöver, um eventuell, wenn die Zeit reif ist, erneut an die Spitze der österreichischen Regierung zurückzukehren. Denn Kurz bleibt sowohl Chef der ÖVP und auch Fraktionsvorsitzender im Parlament. Diese beiden Posten beinhalten zwei entscheidende Vorteile für den 35-Jährigen: Er behält eine große Machtfülle und kann an Regierungssitzungen teilnehmen, zudem genießt er parlamentarische Immunität. Hinzu kommt, dass sein Nachfolger im Amt des Bundeskanzlers, Alexander Schallenberg, als absoluter Vertrauter von Kurz gilt. Man kann somit davon ausgehen, dass Kurz in der österreichischen Regierungspolitik weiterhin die Fäden in der Hand hält.
Natürlich sind die Vorwürfe der Untreue, der Bestechung und Bestechlichkeit noch nicht bewiesen. Dennoch zeigen die bisherigen Ermittlungen und vor allem die bisher bekannt gewordenen ChatNachrichten, dass sich Sebastian Kurz zumindest mit moralisch äußerst fragwürdigen Mitteln nach oben katapultiert hat. Ob so ein Mann an der Spitze der Politik noch tragbar ist? Die Österreicher haben bei der nächsten Wahl das Wort...
@ Den Autor erreichen Sie unter Groeblinghoff@infoautor.de
Hermann Gröblinghoff über Österreich