Legendäre Partys, Flunkyball-Turniere und orange Vorhänge
Oldenburg/pab – Das Hermann-Ehlers-Haus stehe allen offen, die Erhaltung und Weiterentwicklung des freiheitlich-sozialen Rechtsstaats erstrebten, nicht jedoch „Anarchisten und Systemveränderern“. Das sagte Bundestagsvizepräsident Kai-Uwe von Hassel, zugleich Vorsitzender der Hermann-Ehlers-Stiftung, 1976 bei der Eröffnung des Wohnheims. Zuvor hatte es Kritik an der Aufnahmepraxis für das neue Wohnangebot gegeben.
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Das HEH, wie es in Studentenkreisen vornehmlich genannt wird, war damals errichtet worden, um den wachsenden Bedarf an Wohnraum für Studenten der neuen Universität gerecht zu werden, die 1973 gegründet wurde und im Folgejahr den Lehrbetrieb aufgenommen hatte (vorher Pädagogische Hochschule). 138,60 D-Mark für das Einzelzimmer und 252,20 D-Mark für das Apartment waren damals als Miete fällig.
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Für 138 D-Mark
Orange Vorhänge
Ein Blick ins HEH im Jahr 2010: Marta Ohlhoff (links) und Sabrina Dahlmann waren damals Haussprecherinnen.
Die typische 70er-Jahre-Einrichtung blieb im HEH bis zuletzt weitgehend erhalten. Daran erinnert sich auch Marta Ohlhoff, die von 2005 bis 2011 im 6. Stock des Studentenwohnheims lebte, mit einem leichten Schauer. Jedes Zimmer sei gleich ausgestattet gewesen: Teppichboden, Waschbecken mit Ablage, Bettgestell mit Matratze, Schreibtisch mit Lampe und Stuhl, Kleiderschrank, Sessel mit niedrigem Tisch, Regalbretter an der Wand „und natürlich der orange Vorhang“.
Aufgrund des Alters des Mobiliars habe sich niemand
freiwillig mit dem Gedanken beschäftigt, was insbesondere Matratzen und Teppiche schon alles mitgemacht haben mussten.
Jeder Flur hatte 15 Zimmer zum Vermieten, einen Aufenthaltsraum mit Tischen und Stühlen und angrenzender Küche, erzählt Ohlhoff weiter. Pro Etage gab es zwei Badezimmer mit je zwei Toiletten und einer Dusche. „Auf unserer Flurhälfte hatten wir die Absprache, dass immer nur eine Person im Bad ist.“Notfälle, die die Regeln außer Kraft setzten, wie etwa die körperliche Reaktion auf eine
durchzechte Nacht, habe es aber natürlich gegeben.
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Flunkyball
Wer das Klischee eines Studentenlebens suchte, der ist in den vergangenen Jahrzehnten im HEH fündig geworden. Ohlhoff „Jeder Flur musste einen Flursprecher wählen und dem Sekretariat melden. Bei uns wurde jedes Semester eine Flurversammlung mit viel Bier abgehalten.“Dabei konnte man sich kennenlernen und Flurregeln für ein ordentliches Miteinander besprechen. Es sei zwar möglich gewesen, im HEH zu wohnen und den Kontakt zu den Mitbewohnern so gering wie möglich zu halten. „Aber im 6. Stock hatten wir meistens einen guten Zusammenhalt.“
Jeden Tag kam eine Putzkraft, die sich um Küche und Badezimmer kümmerte, jedoch nicht den Abwasch übernahm. Für die Studenten gab es Mülldienste, die abwechselnd übernommen werden mussten. „Allerdings klappte es nicht auf allen Etagen so gut und als der Müll zu oft Beine bekam und es zum Himmel stank, wurden diese Dienste von den Putzkräften übernommen.“
Im Keller gab es einen Raum mit Kühlschränken, Musikanlage, Theke und Tanzfläche, in dem legendäre Partys gefeiert wurden. „Zudem gab es regelmäßig Flurpartys, die zum Aufbessern der Flurkasse von einzelnen Fluren ausgerichtet wurden“, erinnert sich Ohlhoff. Bei gutem Wetter wurde auch die Wiese hinter dem HEH gerne zum Grillen genutzt. Und natürlich wurden hier regelmäßig Turniere in dem unter Studenten beliebten Trinkspiel Flunkyball veranstaltet.