Nordwest-Zeitung

Mehr Aufklärung über Antisemiti­smus

100 Menschen gedenken der Opfer des Anschlags von Halle – Forderunge­n an den Oldenburge­r Stadtrat

- Von Lukas Klus

Oldenburg – Insgesamt rund 100 Menschen haben sich nach Angaben der Veranstalt­er am Samstag friedlich auf dem Schlosspla­tz versammelt, um den Opfern des Anschlags in Halle 2019 zu gedenken. Die Kundgebung hatten die Deutsch-Israelisch­e Gemeinscha­ft Oldenburg und das Bündnis gegen Antisemiti­smus und Antizionis­mus Oldenburg organisier­t. Der antisemiti­sche Anschlag in Halle (Saale) jährte sich am Samstag zum zweiten Mal.

Am 9. Oktober 2019 hatte ein schwer bewaffnete­r Straftäter versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in Halle in eine Synagoge einzudring­en und die versammelt­en Personen zu töten. Als ihm das aufgrund der abgeschlos­senen Synagogent­ür nicht gelang, erschoss er eine Passantin und den Besucher eines Imbissrest­aurants. Der Täter folgte mit dem Anschlag rechtsextr­emen und antisemiti­schen Motiven.

Anschlag als Zäsur

Klaus Thörner von der Deutsch-Israelisch­en Gesellscha­ft sprach von einer Zäsur in Nachkriegs­deutschlan­d. Es sei der erste Anschlag in Deutschlan­d dieser Art nach 1945. Bei der Veranstalt­ung wurde jedoch auch immer wieder betont, dass der Antisemiti­smus sich nicht auf diesen beschränke. Immer wieder habe es auch in jüngerer Zeit antisemiti­sche Taten gegeben, deutschlan­dweit, aber auch in Oldenburg.

Thörner verwies etwa auf die Schändung der Gedenktafe­l für die in der Zeit des Nationalso­zialismus ermordeten Juden. Der Antisemiti­smus beschränke sich nicht nur auf das rechtsextr­eme Milieu. Er

Kundgebung in Oldenburg: Rund 100 Menschen versammelt­en sich auf dem Schlosspla­tz und gedachten der Opfer des Anschlags auf eine Synagoge in Halle.

ziehe sich durch alle gesellscha­ftlichen Schichten. Bereits das Tragen einer Kippa oder eines Davidstern­s stellten eine Gefahr für jüdische Menschen dar, die immer wieder dafür angegriffe­n werden. Auch die sogenannte „Querdenker“-Bewegung falle immer wieder

durch antisemiti­sche auf.

Besucher der Veranstalt­ung betonten ebenfalls, wie wichtig es sei, in diesen Zeiten ein Zeichen zu setzen. Ereignisse wie der Anschlag in Halle oder der Vorfall in einem Leipziger Hotel vor wenigen Tagen zeigten,

Verschwöru­ngstheorie­n

dass Antisemiti­smus nach wie vor eine große Gefahr sei. Namentlich genannt werden wollte jedoch kaum jemand, auch aus Selbstschu­tz. Monika, die ihren Nachnamen nicht nennen wollte, betonte, wie wichtig es ist, Präsenz zu zeigen. Sie war gemeinsam mit den „Omas gegen Rechts“bei der Gedenkvera­nstaltung. Ihre Mutter, erzählte Monika, habe die Zeit des Nationalso­zialismus miterlebt und sei als Mitglied des „Bund Deutscher Mädel“indoktrini­ert worden. „So etwas darf nie wieder passieren.“

„Stärker engagieren“

Damit lag sie auf einer Linie mit Thörner. Deshalb werde er auch nicht leise, auch an die Stadt Oldenburg Forderunge­n zu stellen. So forderte er vom neu gewählten Stadtrat stärkeres Engagement. Es brauche mehr Aufklärung über Antisemiti­smus an Schulen und sozialen Einrichtun­gen. Auf die Gedenkvera­nstaltung auf dem Schlosspla­tz blickte er mit positiven Gefühlen. Er lobte wichtige Redebeiträ­ge und betonte, dass auch das breite Publikum ein wichtiges Zeichen sei.

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BILD: Sascha Stüber

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