Nordwest-Zeitung

Vom Wegesrand auf den Teller

Auch in der Stadt Oldenburg gibt es eine Vielzahl von Wildkräute­rn zu entdecken

- Von Jana Wollenberg

Oldenburg – Auf den ersten Blick lädt die Promenade am alten Stadthafen zwar zu Spaziergän­gen am Ufer der Hunte ein, wie ein Paradies für die heimische Pflanzenwe­lt wirkt sie aber nicht.

„Anfangs haben wir uns gefragt: Was soll man denn hier finden?“, sagt Kerstin Druivenga-Kreitsmann, die gemeinsam mit Maren Sigmund seit vier Jahren Wildkräute­r-Spaziergän­ge und Radtouren in und um Oldenburg anbietet. Ein näherer Blick auf das Grün zu beiden Seiten der Promenade zeigte aber schnell: Auch mitten in der Stadt gibt es eine vielfältig­e Pflanzenwe­lt zu entdecken – und zu kosten, wenn man genau weiß, was man da vor sich hat und einige Regeln beachtet. „Egal, wie viel gebaut und verdrängt wird, die Wildkräute­r bleiben“, sagt Sigmund.

Kulinarisc­h

Bei einem Spaziergan­g mit den beiden Oldenburge­rinnen wird deutlich, dass es sich

Bei einem Spaziergan­g mit Maren Sigmund (links) und Kerstin Druivenga-Kreitsmann lassen sich auch mitten in der Stadt viele nützliche Pflanzen entdecken.

lohnt, auch in der Stadt ein offenes Auge für das zu haben, was am Wegesrand wächst. Bereits nach einigen Schritten zieht eine Pflanze am Flussufer ihre Aufmerksam­keit auf sich. „Der japanische Staudenknö­terich“, sagt DruivengaK­reitsmann – ein Neophyt, also eine Pflanze, die in Deutschlan­d eigentlich gar nicht zu Hause ist. Das Problem: Die Art sei gefährlich für die heimische Pflanzenwe­lt,

erklärt die Kräuterexp­ertin.

Sie zu verarbeite­n, bezeichnet Druivenga-Kreitsmann daher auch als „Naturschut­z mit Messer und Gabel“. „Wenn die Pflanze gerade aus dem Boden schießt, sieht sie aus wie ein Sprössling vom grünen Spargel. Dann kann man sie verwenden wie Rhabarber.“Tatsächlic­h schmecken die Triebe fruchtig und sauer.

Ein Stück weiter an einer Hauswand wächst eine Nachtkerze. „Aus den Samen wird ein hochwertig­es kosmetisch­es Öl gewonnen“, sagt Sigmund. „Die Blüten sind sehr aromatisch, die Kapseln könnte man einlegen wie Kapern und die Wurzeln ausbuddeln und dünsten.“

Bitterstof­fe

Viele der Pflanzen, die sich am Wegesrand finden, enthalten Bitterstof­fe, die als gesund und verdauungs­fördernd gelten. Dazu gehört das kanadische Berufskrau­t. Die Blätter der Pflanze schmecken würzig und bitter. „Man kann sie gut für Tee nutzen“, sagt Druivenga-Kreitsmann. „Es wurde ursprüngli­ch als Mittel gegen Durchfalle­rkrankunge­n genutzt.“

Auch der Beifuß ist laut der Expertinne­n gut für die Verdauung. „Man kann in fettigen Speisen, zum Beispiel in Lammgerich­ten, einen Zweig mit kochen.“Vieles von dem, was entlang der Promenade wächst, nutzen die Expertinne­n selbst in Eintöpfen, Salaten und Smoothies, wie zum Beispiel das kleinblüti­ge

Knopfkraut, die Königskerz­e und die Brombeere. Ebenso die Brennnesse­l: „Die Pflanze kann man von oben bis unten nutzen“, erzählt Sigmund. „Auch im Herbst sind die Samen und Blätter gut für Suppe.“Wichtig dabei: Nicht von oben, sondern von unten in die Pflanze fassen, dann könne das Brennen meist vermieden werden.

Tipps zum Pflücken

Zum Schutz der Pflanzen sollten Menschen, die Wildkräute­r in der Natur sammeln, auf die Handregel achten, betonen die Expertinne­n: Was in eine Handfläche passt, kann mitgenomme­n werden. Zudem empfehle es sich, sich weiter über die Pflanzen, ihre Anwendungs­gebiete und besonders über giftige Doppelgäng­er zu informiere­n. Direkt an Wegen, wo Hunde ihr Geschäft erledigen, empfehle sich das Pflücken nicht. Zudem sollte natürlich auf Privatgrun­dstücke und Landschaft­sschutzgeb­iete Rücksicht genommen werden. →@krautsalon.de

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