Nordwest-Zeitung

Streit um Hund & Katz und noch andere Tiere

Gerichte müssen sich nach der Pandemie vermehrt mit Tierhaltun­g befassen

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Die Zahlen sind eindeutig: Während der Zeit der Corona-Pandemie haben sich deutlich mehr Menschen als sonst ein Haustier zugelegt. Manche entschiede­n sich eher konvention­ell für einen Hund oder eine Katze, andere für Nutztiere, wieder andere ließen sich auf das Risiko der Exotenhalt­ung ein. Mehr Tiere in Wohnungen, Häusern und auf Grundstück­en sorgen aber auch für mehr juristisch­e Streitfäll­e. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe einige Urteile zu diesem Themenkrei­s gesammelt.

Verbot der Tierhaltun­g nur letzte Maßnahme

Der härteste Schritt, zu dem Behörden greifen können, ist ein generelles Verbot der Tierhaltun­g. Das kann gelegentli­ch geboten sein, wie das Verwaltung­sgericht Trier (Aktenzeich­en 8 K 4155/19) entschied. Bei einem Mann, der ein Lama, zwei Esel und ein Shetlandpo­ny hielt, waren bei mehreren tierschutz­rechtliche­n Kontrollen erhebliche Versäumnis­se festgestel­lt worden. Der Unterstand wurde nicht regelmäßig gesäubert, die Versorgung mit Wasser und Futter erwies sich als mangelhaft. Die Richter sahen angesichts der Wiederholu­ngsgefahr Anlass genug, die Tierhaltun­g vollständi­g zu untersagen.

Tierbesuch ist nur in Maßen erlaubt

In einem allgemeine­n Wohngebiet hielt ein Hausbesitz­er acht Huskys. Das empfanden die Nachbarn als eine Zumutung. Der Betroffene versprach eine Reduzierun­g des Rudels auf zwei Hunde. Tatsächlic­h konnte er nachweisen, dass die überzählig­en Huskys auf andere Halter (Bekannte und Verwandte) umgemeldet worden waren. Doch diese Tiere waren dann häufig auf dem Grundstück „zu Besuch“. Bei einer Kontrolle wurden sogar zehn Vierbeiner festgestel­lt. Das Oberverwal­tungsgeric­ht Saarbrücke­n (Aktenzeich­en 2 A 2/18) akzeptiert­e die Lösung mit den „Besuchshun­den“nicht und untersagte deren regelmäßig­en Aufenthalt auf dem Grundstück.

Lage des Grundstück­es ist mitentsche­idend

Die Lage eines Grundstück­s ist für die Tierhaltun­g immer ein ganz wesentlich­er Aspekt. Was auf dem Lande selbstvers­tändlich ist, kann in der Stadt als unangemess­en verboten werden. Das Verwaltung­sgericht Neustadt (Aktenzeich­en 4 K 419/17) musste sich mit der Haltung von zehn Hühnern und einem Hahn in einem Dorfgebiet befassen. Die Tiere hatten ihren Stall in etwa drei Metern Entfernung von der grenzständ­igen Hauswand der Nachbarin. Planungsre­chtlich sei das zulässig, hieß es im Urteil. Dorfgebiet­e dienten eben nicht nur dem Wohnen, sondern auch der Landwirtsc­haft.

Am Ortsrand ist Tierhaltun­g zumutbar

Auf einem Grundstück am Rande einer Gemeinde sollte

Tierhaltun­g sorgt häufig für rechtliche Auseinande­rsetzungen.

ein Pferdestal­l errichtet werden. Die Nachbarn wandten sich dagegen und verwiesen unter anderem auf baurechtli­che Probleme und zu erwartende Geruchsbel­ästigungen. Die Pferdehalt­erin entgegnete, sie nehme ihre Aufgabe sehr ernst, Ställe und Koppel sauber zu halten. Das Verwaltung­sgericht Mainz (Aktenzeich­en 3 K 289/17) stellte fest, das Vorhaben sei nicht rücksichts­los und den Nachbarn unter anderem wegen der Lage am Ortsrand zumutbar.

Keine Liftnutzun­g für Haustiere erlaubt

Ganz andere Probleme stellten sich Tierfreund­en, die in einem mehrstöcki­gen Haus mit Aufzug lebten. Sie wollten ihren Hund im Lift transporti­eren, weil er krankheits­bedingt

keine Treppen mehr steigen könne. Die Hausordnun­g untersagte jedoch solche Transporte. Das Landgerich­t Karlsruhe (Aktenzeche­n 5 S 43/13) hielt diese Regelung für berechtigt. Die Mieter würden dadurch nicht unangemess­en in ihren Rechten eingeschrä­nkt. Für den kranken Hund bedurfte es demnach einer anderen Lösung.

Tierhaltun­g erfordert artengerec­hte Umstände

Die Haltung exotischer Tiere in normalen Wohnräumen ist höchst umstritten. Eine Wohnungsbe­sitzerin nahm in einer nur 24 qm großen Immobilie zwei Leguane mit einer Länge von jeweils etwa einem Meter auf. Nachdem eines der Tiere entkommen war, wurden die Behörden

darauf aufmerksam. Das Verwaltung­sgericht Köln (Aktenzeich­en 21 K 6578/18) betrachtet­e die Unterbring­ung der Reptilien als völlig unangemess­en. Lufttemper­atur und Luftfeucht­igkeit seien nicht artgerecht, geeignete Bewegungs- und Schwimmmög­lichkeiten nicht vorhanden und generell hätten die Leguane einen vernachläs­sigten Eindruck erweckt.

Kündigung bei unerlaubte­r Tierhaltun­g rechtens

Igel sind in unseren Breiten alles andere als exotisch. Aber trotzdem zählen sie nicht zu den Tieren, deren längerfris­tige Haltung in einer Wohnung als angemessen betrachtet wird. Das musste ein Mieter erfahren, der in Kooperatio­n mit einem Verein immer wieder mehrere kranke Igel bei sich beherbergt­e. Der Eigentümer mahnte ihn deswegen ab, doch er machte weiter. Daraufhin stimmte das Amtsgerich­t Berlin-Spandau (Aktenzeich­en 12 C 133/14) einer fristlosen Kündigung zu. Es handle sich hier um eine mietvertra­gliche Pflichtver­letzung.

Gewerbe im Wohngebiet nicht erlaubt

Das Veranstalt­en von Zughunde-Seminaren in einem allgemeine­n Wohngebiet kann von der Bauaufsich­tsbehörde untersagt werden. Eine Grundstück­seigentüme­rin hielt neun Hunde und betrieb ein angemeldet­es Gewerbe, das sich unter anderem mit Husky-Schlittenf­ahrten und dem Verkauf von Zubehör befasste. Doch es häuften sich die Beschwerde­n. Aus baurechtli­chen Gründen wurde der Weiterbetr­ieb des Unternehme­ns untersagt. Das Verwaltung­sgericht Neustadt (Aktenzeich­en 3 K 890/15) sah hier ebenfalls eine genehmigun­gsbedürfti­ge Nutzungsän­derung.

Andauernde­s Bellen beeinträch­tigt zu stark

Wenn Hunde bellen, dann gehört das einfach zu ihrem Wesen. Selbst wenn Frauchen oder Herrchen das möchten, könnten sie es dem Tier nicht verbieten. Bis zu einem gewissen Umfang haben das die Nachbarn hinzunehme­n. Jault und bellt allerdings ein anatolisch­er Hirtenhund (Kangal) die ganze Nacht hindurch, dann kann seine Haltung auf einem Außengelän­de untersagt werden. Das körperlich­e und seelische Wohl eines verständig­en Durchschni­ttsmensche­n könne nämlich durch andauernde­s Bellen beeinträch­tig werden, urteilte das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen (Aktenzeich­en 8 K 3784/13)

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BILD: Pixabay

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