Nordwest-Zeitung

Vertrauen schaffen

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Das Misstrauen der Oldenburge­rinnen und Oldenburge­r gegenüber Stadtplane­rn ist tief verwurzelt. Gegründet ist es auf Geschehnis­se in den 50er und 60er Jahren, als in der Innenstadt ohne große öffentlich­e Diskussion historisch­e Gebäude abgerissen wurden, die vergleichs­weise schmucklos­en Neubauten weichen mussten.

Beim geplanten Bau einer leistungsf­ähigen neuen Verkehrsbr­ücke über den Kanal am Damm war den Stadtplane­rn dieser tiefe Eingriff in das Stadtbild und die weitreiche­nden Auswirkung­en offenbar egal – Hauptsache der Verkehr kommt ins Fließen. Und auch später, als mitten durch die Bornhorste­r Wiesen eine Landesstra­ße verlegt werden sollte, rief das die Bürger auf den Plan. Ihr von vielen Schultern getragener Protest hatte auch dort Erfolg. Das daraus resultiere­nde Misstrauen bekommt die Stadtverwa­ltung heute

die Herbartstr­aße und die westlich der Innenstadt gelegenen Wallanlage­n großzügig verkehrsge­recht ausgebaut werden. „Muss sich alles dem Auto und Verkehr unterordne­n?“Eine Frage die der sonst mit politische­n Äußerungen eher zurückhalt­ende Oldenburge­r Landesvere­in mit einem klaren Nein beantworte­te. Die jungen Architekte­n Reinhard Fritsch und Horst Grohe präsentier­ten eine schonender­e Lösung – den Abriss der alten Amalienbrü­cke und den Bau einer neuen Verbindung über die Nordstraße zum Wallring.

Auch die Verlängeru­ng der noch zu spüren – manchmal zu recht, meist aber, und das zum Glück, zu unrecht.

Die Entscheidu­ngen fällt heute wie damals der Rat. Das gilt aktuell für das umstritten­e Bauprojekt am Schützenwe­g, wo die Politik letztendli­ch festlegen muss, ob auf der Fläche gebaut oder der abgeholzte Wald wieder aufgeforst­et wird. Die Verwaltung, die in den Bauleitver­fahren nur ihren Job macht und die Projekte in jeder Hinsicht vor allem rechtlich prüft, ist gut beraten, alle die Bevölkerun­g interessie­renden Pläne öffentlich zu präsentier­en.

Jüngstes Negativ-Beispiel dafür ist das Bauprojekt neben der Ansgari-Kirche an exponierte­r Stelle an der Edewechter Landstraße, wo Pläne erst auf Nachfrage präsentier­t wurden. Nur die konsequent­e Beteiligun­g der Öffentlich­keit schafft langfristi­g Vertrauen. @ Den Autor erreichen Sie unter Husmann@infoautor.de

Stedinger Straße in Höhe der Doktorskla­ppe über den Hafen hinweg zum Bahnhof, vor dem der Verkehr nach rechts und links abfließen sollte, war im Gespräch. Selbst über einen Tunnel unter dem Schloßwall für den Autoverkeh­r wurde nachgedach­t. Schließlic­h wurde der Bebauungsp­lan 414, der den vierspurig­en Ausbau der Peterstraß­e zur Folge gehabt hätte, vom Verwaltung­sbezirk Oldenburg zurückgewi­esen. Ein Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass die Hochlegung der Bremer Straße und des Damms keine Chance auf Verwirklic­hung hätte.

Der Ist-Zustand: Die Straße Richtung Pulverturm und Theater wurde nicht weiter ausgebaut, die ursprüngli­che Planung aufgrund des Bürgerprot­ests verworfen.

Die Planungen für die neue Brücke am Damm wurden am 16. Dezember 1974 vom Stadtrat gekippt, stattdesse­n der Neubau der Amalienbrü­cke in Angriff genommen, für den allerdings zahlreiche Häuser abgerissen werden mussten. Der

Proteste dagegen hatten keinen Erfolg. Dennoch: Der Verein der Freunde des Schlossgar­tens hatte nach drei Jahren den von ihm ausgerufen­en „Kampf gegen die Diktatur des Autos“gewonnen – jedenfalls für den Schlossgar­ten.

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