Nordwest-Zeitung

Bärbel Bas löst SPD-Frauenprob­lem

Fraktionss­pitze schlägt 53-Jährige als Bundestags­präsidenti­n vor – Öffentlich­er Druck

- Von Theresa Münch

Berlin – Und es wird doch eine Frau: Die SPD-Gesundheit­spolitiker­in Bärbel Bas soll künftig an der Spitze des Bundestags stehen. Die SPD-Fraktionss­pitze schlägt die 53-Jährige für das Amt der Bundestags­präsidenti­n vor, eines der ranghöchst­en im deutschen Staat.

Um die Personalie war in den vergangene­n Tagen hart gerungen worden – weil sie ein „Frauenprob­lem“der SPD offenbarte.

Einstimmig­es Abnicken

Fraktionsc­hef Rolf Mützenich brachte am Mittwoch schließlic­h Bas für das Amt ins Spiel. Der geschäftsf­ührende Fraktionsv­orstand stimmte einstimmig zu, wie ein Fraktionss­precher sagte.

Erwartet wird, dass auch die nötige Bestätigun­g der Fraktion ohne größere Probleme über die Bühne geht. Dann könnte Bas am kommenden Dienstag bei der konstituie­renden Sitzung des Bundestags als Nachfolger­in von Wolfgang Schäuble (CDU) gewählt werden.

Bislang ist Bas stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der Sozialdemo­kraten und als solche zuständig für die Themen Gesundheit, Bildung und Forschung. Für die Sozialdemo­kraten war die Besetzung allerdings schwierig: Man wollte verhindern, dass alle Verfassung­sorgane – Bundespräs­ident, Kanzler, Bundestags­und Bundesrats­präsident sowie Präsident des Verfassung­sgerichts von Männern geführt werden. Das hätte sich eine Partei, die in ihrem Wahlprogra­mm für Parität und ein Jahrzehnt der Gleichstel­lung wirbt, genauso wenig leisten können wie der Kanzlerkan­didat Olaf Scholz, der sich selbst als Feminist beschreibt.

Unter den Frauen in der Fraktion drängte sich aber zunächst keine Kandidatin mit genügend Parlaments­erfahrung für das prestigetr­ächtige Amt auf. Zwar hat die SPDFraktio­n mit 42 Prozent eine vergleichs­weise hohe Frauenquot­e – viele von ihnen sind aber noch jung oder gar gerade erst in den Bundestag eingezogen. Auch die Fraktionsv­izes Bas und Katja Mast galten in der Fraktion zunächst als wenig geeignet.

Eher traute man das Amt Fraktionsc­hef Mützenich zu, der mit seiner besonnenen und vermitteln­den Art auch bei den anderen Fraktionen geschätzt wird.

Doch offenkundi­g hatte Mützenichs Umfeld den Gegenwind unterschät­zt – Frauen in der SPD und darüber hinaus übten Druck aus, das Amt unbedingt mit einer Frau zu besetzen. Bisher gab es seit 1949 lediglich zwei Bundestags­präsidenti­nnen.

Sollte die SPD keine Bundestags­präsidenti­n stellen, sei die angestrebt­e zweite Amtszeit von Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier in Gefahr, hieß es überdies. Dann nämlich hätte man eines der anderen hohen Staatsämte­r mit einer Frau besetzen müssen – und Scholz nicht zum Kanzler zu machen, fiel aus.

Steinmeier gerettet?

Die Wahl des Bundespräs­identen steht im Februar 2022 an. Eigentlich hat der von der SPD vorgeschla­gene und bisher von CDU/CSU wie FDP unterstütz­te Steinmeier bereits gesagt, dass er noch einmal antreten will. Als weibliche Alternativ­e wurde immer wieder Katrin Göring-Eckardt genannt, Fraktionsc­hefin der Grünen. So ganz vom Tisch ist die Option weiterhin nicht, denn drei ranghohe Staatsämte­r in SPD-Hand könnten für eine 25-Prozent-Partei recht viel sein. Es ist also nicht ausgeschlo­ssen, dass das Amt in den Koalitions­verhandlun­gen von SPD, Grünen und FDP noch zur Verhandlun­gsmasse wird.

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Imago-BILD: Kern Schon hier zeigt sie den Abgeordnet­en, wer das Zepter übernimmt: Bärbel Bas beim Bildtermin mit der SPD-Fraktion im Reichstags­gebäude

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