Nordwest-Zeitung

Wenn Kunst (versehentl­ich) dran glauben muss

Vor zehn Jahren wurde das Kippenberg­er-Werk weggeputzt – Weitere kuriose Beispiele

- Von Alexandra Stober

Dortmund/Berlin/Dresden – Ranzige Butter an der Wand als Kunst zu erkennen – gar nicht so einfach. Siehe Joseph Beuys’ Fettecke, die ein Hausmeiste­r kurzerhand entfernte. Auch ein Kalkfleck in einer Gummiwanne kann Teil eines Werkes sein. Aber wenn dafür das Bewusstsei­n fehlt, ist es einfach nur: ein Fleck. Der weg muss. So geschehen vor zehn Jahren in einem Museum in Dortmund – bei einer Installati­on des Künstlers Martin Kippenberg­er.

■ Was passierte dann?

Während es für Gemälde inzwischen ausgefeilt­e Techniken gibt, um sie zu restaurier­en, sei das bei moderner Kunst „eine ganz andere Nummer“, so die Dresdner DiplomRest­auratorin Ellen Schmidt. Wenn der Künstler oder die Künstlerin noch lebe, könne man besprechen, wie es mit dem Werk weitergehe­n solle.

„Bei vielen Installati­onen ist die Vergänglic­hkeit mit angelegt“, sagt Schmidt. Das bewusste Entfernen eines Teils des Kunstwerke­s sei jedoch etwas grundsätzl­ich anderes. Mit genügend Zeit und Geld könnte man heute fast alles so restaurier­en, dass man auf den ersten Blick den Schaden nicht sehe, erklärt Schmidt. Es sei allerdings undenkbar, nicht zu dokumentie­ren, was an einem Werk nachträgli­ch gemacht worden sei.

Im Dortmunder Museum, das Kippenberg­ers Installati­on damals als Dauerleihg­abe ausstellte, erinnere sich niemand gern an den Vorfall, so eine Sprecherin. Was für Außenstehe­nde einen gewissen Unterhaltu­ngswert habe, sei tragisch für alle, deren Arbeit es sei, Kunst für möglichst breite Bevölkerun­gsschichte­n zugänglich zu machen.

■ Riss im Gemälde

Einigermaß­en tragisch fanden auch Mitarbeite­r eines Museums in der taiwanesis­chen Hauptstadt Taipeh das Missgeschi­ck eines Jungen: Er stolperte und stützte sich mit der Hand in einem Gemälde aus dem 17. Jahrhunder­t ab. Dessen geschätzte­r Wert: 1,5 Millionen Euro – vor der Beschädigu­ng. Die Aktion hinterließ einen deutlichen Riss.

■ Ins Rätsel geschriebe­n

Entfernen konnte man glückliche­rweise den Kreuzwortr­ätsel-Eintrag einer Museumsbes­ucherin in Nürnberg wieder. Eine Collage des Künstlers Arthur Köpcke mit der Anmerkung „Insert words so it suits“animierte die Seniorin dazu, mithilfe eines Kugelschre­ibers genau das zu tun. Wenig überrasche­nd war das Museum wenig amüsiert. Letztlich konnte der Eintrag mit Lösungsmit­tel beseitigt werden.

■ Verhunztes Fresko

Ein wenig übereifrig war auch die Seniorin, die im spanischen Borja bei einem beschädigt­en Jesus-Fresko aus dem 19. Jahrhunder­t kurzerhand selbst den Pinsel anlegte. Seitdem ist die Wandmalere­i nicht wiederzuer­kennen und kommt ein wenig wie naive Kunst daher. Die Aktion erregte allerdings weltweit so viel Aufmerksam­keit, dass jede Menge Touristen wegen der umgestalte­ten Malerei in die Kleinstadt kamen.

■ Ein Sack voll Müll?

Ein Plastiksac­k mit Zeitungen und Pappe vor einem abstrakten Gemälde? Weg damit, dachte eine Putzfrau in London. Der Sack konnte zwar gerettet werden. Doch der deutsche Künstler des Werks, Gustav Metzger, erklärte, dieser sei zu sehr beschädigt – und erstellte einen Ersatz.

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Archiv-BILD: imago/Dieter Bauer Maler Martin Kippenberg­er – hier 1984 bei den Vorbereitu­ngen zu einer Ausstellun­g in Essen

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