Widerruf bei Treppenliften möglich
Bundesgerichtshof stärkt die Käufer – Kunden haben 14 Tage Zeit, um Auftrag zu stoppen
Karlsruhe – Sie kosten mehrere Tausend Euro – und ermöglichen, was nach jahrzehntelangem Treppensteigen oft nicht mehr unbeschwert möglich ist: im Haus von unten nach oben zu kommen. Treppenlifte helfen, einen unfreiwilligen Umzug zu vermeiden. Doch weil kaum ein Haus dem anderen gleicht, muss ein solcher Lift in der Regel maßgeschneidert sein. Wer zu Hause einen Vertrag abschließt, überlegt es sich vielleicht später nochmals anders. Ob die Kunden den Auftrag stoppen können, haben Gerichte in Deutschland bisher unterschiedlich bewertet. Seit Mittwoch herrscht Klarheit.
Hersteller begrüßt Urteil
In einem verbraucherfreundlichen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden, dass beim Kauf eines maßangefertigten Kurventreppenlifts ein vierzehntägiges Widerrufslaut recht besteht (Az. I ZR 96/20). Und darüber müssen Kunden informiert werden – gerade wenn das Geschäft nicht in den Räumen des Unternehmens abgeschlossen wird.
„Das ist eine sehr gute Entscheidung für Verbraucherinnen und Verbraucher“, sagte Niklaas Haskamp von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Diese hatte gegen die Firma AP+ Treppenlifte geklagt, die zur Kölner Liftstar Gruppe gehört, und bei passgenau produzierten Liften ein Widerrufsrecht der Kunden verneint hatte.
Auch deren Vertreter, Felix Withöft, begrüßte das Urteil des ersten Zivilsenats, „weil es Klarheit und Rechtssicherheit schafft für alle Beteiligten – insbesondere für die Kunden und Verbraucher, aber natürlich auch für uns als Treppenliftanbieter“. Für die Branche sei es eine wichtige Entscheidung, weil es Uneinigkeit darüber gab, um welchen Vertragstyp es sich handelt.
Zum Hintergrund: Manche Hersteller – wie auch Liftstar – waren bisher davon ausgegangen, dass es sich um sogenannte Werklieferungsverträge handele, bei denen kein Widerrufsrecht eingeräumt werden muss. Das Argument war Withöft, dass die ins Treppenhaus eingepasste Laufschiene nicht wiederverwendet werden kann. So hatte es in dem Fall zuletzt auch das Oberlandesgericht Köln entschieden.
Schutz der Verbraucher
Dem Urteil zufolge handelt es sich um Werkverträge. Dem Kunden gehe es beim Kauf eines Treppenlifts aber nicht in erster Linie darum, die Einzelteile zu bekommen. Im Vordergrund stehe der Einbau einer funktionsfähigen Einheit. Die Revision der Verbraucherschützer habe daher Erfolg. Der BGH verurteilte den Hersteller zur Unterlassung.
Verbraucher seien vielleicht in einer Notsituation, würden häufig zu Hause überrumpelt oder zu einem schnellen Vertragsabschluss gedrängt, sagte Haskamp von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. „Deswegen hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass man da 14 Tage sozusagen Bedenkzeit hat.“