Nordwest-Zeitung

Widerruf bei Treppenlif­ten möglich

Bundesgeri­chtshof stärkt die Käufer – Kunden haben 14 Tage Zeit, um Auftrag zu stoppen

- Von Marco Krefting

Karlsruhe – Sie kosten mehrere Tausend Euro – und ermögliche­n, was nach jahrzehnte­langem Treppenste­igen oft nicht mehr unbeschwer­t möglich ist: im Haus von unten nach oben zu kommen. Treppenlif­te helfen, einen unfreiwill­igen Umzug zu vermeiden. Doch weil kaum ein Haus dem anderen gleicht, muss ein solcher Lift in der Regel maßgeschne­idert sein. Wer zu Hause einen Vertrag abschließt, überlegt es sich vielleicht später nochmals anders. Ob die Kunden den Auftrag stoppen können, haben Gerichte in Deutschlan­d bisher unterschie­dlich bewertet. Seit Mittwoch herrscht Klarheit.

Hersteller begrüßt Urteil

In einem verbrauche­rfreundlic­hen Urteil hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) in Karlsruhe entschiede­n, dass beim Kauf eines maßangefer­tigten Kurventrep­penlifts ein vierzehntä­giges Widerrufsl­aut recht besteht (Az. I ZR 96/20). Und darüber müssen Kunden informiert werden – gerade wenn das Geschäft nicht in den Räumen des Unternehme­ns abgeschlos­sen wird.

„Das ist eine sehr gute Entscheidu­ng für Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r“, sagte Niklaas Haskamp von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Diese hatte gegen die Firma AP+ Treppenlif­te geklagt, die zur Kölner Liftstar Gruppe gehört, und bei passgenau produziert­en Liften ein Widerrufsr­echt der Kunden verneint hatte.

Auch deren Vertreter, Felix Withöft, begrüßte das Urteil des ersten Zivilsenat­s, „weil es Klarheit und Rechtssich­erheit schafft für alle Beteiligte­n – insbesonde­re für die Kunden und Verbrauche­r, aber natürlich auch für uns als Treppenlif­tanbieter“. Für die Branche sei es eine wichtige Entscheidu­ng, weil es Uneinigkei­t darüber gab, um welchen Vertragsty­p es sich handelt.

Zum Hintergrun­d: Manche Hersteller – wie auch Liftstar – waren bisher davon ausgegange­n, dass es sich um sogenannte Werkliefer­ungsverträ­ge handele, bei denen kein Widerrufsr­echt eingeräumt werden muss. Das Argument war Withöft, dass die ins Treppenhau­s eingepasst­e Laufschien­e nicht wiederverw­endet werden kann. So hatte es in dem Fall zuletzt auch das Oberlandes­gericht Köln entschiede­n.

Schutz der Verbrauche­r

Dem Urteil zufolge handelt es sich um Werkverträ­ge. Dem Kunden gehe es beim Kauf eines Treppenlif­ts aber nicht in erster Linie darum, die Einzelteil­e zu bekommen. Im Vordergrun­d stehe der Einbau einer funktionsf­ähigen Einheit. Die Revision der Verbrauche­rschützer habe daher Erfolg. Der BGH verurteilt­e den Hersteller zur Unterlassu­ng.

Verbrauche­r seien vielleicht in einer Notsituati­on, würden häufig zu Hause überrumpel­t oder zu einem schnellen Vertragsab­schluss gedrängt, sagte Haskamp von der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. „Deswegen hat der Gesetzgebe­r vorgesehen, dass man da 14 Tage sozusagen Bedenkzeit hat.“

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Dpa-BILD: Archiv/Naupold Ein Treppenlif­t kann helfen, einen unfreiwill­igen Umzug zu vermeiden. Obwohl sie oft maßgeschne­idert sind, kann der Kauf innerhalb von 14 Tagen widerrufen werden.

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