Abschied eines krisenfesten Kritikers
Jens Weidmann kündigt überraschend seinen Rücktritt als Präsident der Bundesbank an
Frankfurt/Main – Einer der erfahrensten Notenbank-Präsidenten tritt ab: Nach gut zehn Jahren an der Spitze der Deutschen Bundesbank legt Jens Weidmann sein Amt überraschend zum Jahresende nieder. Der 53-Jährige, der häufig die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) kritisiert hat, verlässt die Notenbank aus persönlichen Gründen, teilte die Bundesbank am Mittwoch mit. Weidmann habe Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um seine Entlassung aus dem Amt gebeten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Politiker zollten ihm Respekt und bedauerten die Entscheidung.
„Ich bin zur Überzeugung gelangt, dass mehr als zehn Jahre ein gutes Zeitmaß sind, um ein neues Kapitel aufzuschlagen – für die Bundesbank, aber auch für mich persönlich“, schrieb Weidmann in einem Brief an die Belegschaft der Notenbank. Über seine Nachfolge muss die Bundesregierung entscheiden.
Bedauern aus der Politik
Bundeskanzlerin Angela Merkel nahm die Entscheidung mit Bedauern auf. Merkel danke Weidmann für seine Arbeit „in diesen währungspolitisch und finanzpolitisch sehr herausfordernden Jahren seiner Amtszeit“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Finanzminister Olaf Scholz dankte Weidmann für sein Engagement: „Er hat nicht nur die Geldpolitik in Deutschland und Europa in dieser Zeit maßgeblich geprägt, sondern auch die Weiterentwicklung der internationalen Finanzmärkte vorangebracht.“
EZB-Präsidentin Lagarde bedauerte die Entscheidung des promovierten Volkswirtes „zutiefst“. Weidmann habe klare Vorstellungen über Geldpolitik gehabt. „Doch ich war stets beeindruckt von seinem Willen, im EZB-Rat nach Gemeinsamkeiten zu suchen, von seinem Einfühlungsvermögen gegenüber seinen Kollegen im Eurosystem und von
seinem Willen, Kompromisse zu finden.“
Kritik an Geldschwemme
Weidmann hat immer wieder vor einer Überforderung der Geldpolitik gewarnt. Der Bundesbank-Präsident ist Mitglied im obersten Entscheidungsgremium der Notenbank – dem EZB-Rat. Durchsetzen konnte er sich mit seiner Haltung allerdings oft nicht.
Der scheidende Bundesbank-Präsident betonte in seinem Schreiben mit Blick auf die neue EZB-Strategie, entscheidend sei „nicht einseitig auf Deflationsrisiken zu schauen, sondern auch perspektivische Inflationsgefahren nicht aus dem Blick zu verlieren“.
Rüdiger zu Klampen über die Geldpolitik