Nordwest-Zeitung

Fataler Irrtum

- Von Mathias Freese

Es war ein bemerkensw­ertes Interview, das Patrick Wasserzieh­r da mit Joshua Kimmich geführt hat. Fünf Minuten lang befragte der Sky-Reporter den Bayern-Star zu seiner Verweigeru­ng der Corona-Impfung. Manchmal wird es ja beim Zuschauen unangenehm, wenn ein Journalist so lange nachbohrt. Das war auch diesmal so – aber diesmal zu Recht.

Zugute halten muss man beiden: Sie sind sachlich geblieben, respektvol­l. Wasserzieh­r sagte, er sei anderer Meinung, blieb aber profession­ell, stellte nur Fragen. Berechtigt­e Fragen. Beides – andere Meinungen sowie Fragen dazu – muss man aushalten. Der Sky-Mann war gut vorbereite­t – aber das war Kimmich auch, der auf alles eine Antwort hatte. 2G im Stadion – aber nicht für Kimmich? Für die Zuschauer sei das Freizeit, für ihn Arbeitspla­tz, meinte er. Und bedankte sich, nicht als „Impfleugne­r“abgestempe­lt zu werden, Wasserzieh­r stattdesse­n nach Beweggründ­en fragt.

Und da sind wir am Knackpunkt: Die „Beweggründ­e“Kimmichs sind nämlich dürftig – und sehr leicht zu widerlegen. Er äußerte lediglich „Bedenken wegen fehlender Langzeitst­udien“. Dabei gibt es bei keiner (!) Impfung Langzeitfo­lgen, es braucht also keine Langzeitst­udien. Daran gibt es wissenscha­ftlich keinen Zweifel. Das zu wissen, wäre ein Ass in Wasserzieh­rs Ärmel gewesen. Und weil das Thema Impfen ein so prekäres ist, ist es mindestens wünschensw­ert, wenn auch Sportrepor­ter über den Spielfeldr­and schauen und solche Fakten parat haben.

Zu Kimmich bleibt zu sagen: Daneben, dass es nicht klug ist, sich nicht impfen zu lassen – zumal auf Basis einer fatalen Wissenslüc­ke! –, ist es nicht klug, das im TV zu sagen. Er hätte wissen müssen, dass das eine riesige Debatte lostritt, die nicht in seinem Sinne sein kann. Zudem: Bundesliga-Profis sind Vorbilder, hatten noch im ersten Lockdown das Privileg, wieder kicken zu dürfen. Auch wenn es ihr Job ist, kann man mehr Demut erwarten.

@ Den Autor erreichen Sie unter freese@infoautor.de

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