Nordwest-Zeitung

Kammerkonz­ert vereint Klage und Jubel

Musiker des Oldenburge­r Staatsorch­esters spielen gehaltvoll­es Konzert im Kleinen Haus

- Von Andreas R. Schweibere­r

Ich benutze es schon häufig. Immer wenn etwas peinlich ist. Oder bei einer Fremdscham-Situation, also wenn man sich für eine andere Person schämt.

Lennard Knop (24 Jahre) Oldenburg

Oldenburg – Kammermusi­k ist nicht immer absolute Musik. Im Kleinen Haus des Staatsthea­ters spielten vier Mitglieder des hiesigen Staatsorch­esters – Andreas Mäder an der Querflöte, Jens Pfaff am Fagott, Fabian Boreck am Cello und Guiseppe Barile am Konzertflü­gel – ein zweistündi­ges Kammerkonz­ert mit Werken, die auch auf klassische Gedichte hin komponiert waren und dementspre­chend sangbare Melodien mit einer großen Bandbreite emotionale­r Befindlich­keiten zwischen Klage und Jubel offerierte­n.

Sprechende Musik

Unterstric­hen wurde diese „sprechende“Musik durch ein teilweise aussagende­s und beredtes Spiel der Flöte, vor allem aber des Fagotts und des Cellos. Das, was gerade dem Fagott an dynamische­n Möglichkei­ten abgeht, kompensier­te Jens Pfaff bei Mozarts Sonate B-Dur für Fagott und Violoncell­o durch ein ausdruckss­tarkes und virtuoses Spiel, in dem das Fagott immer auf Augenhöhe mit dem Cello und dessen Ausdrucksm­öglichkeit­en war. Mag auch das Fagott der brummig-näselnde Onkel unter den Instrument­en sei, Mozarts Kompositio­n stellt die Stärken des Instrument­es vorbildlic­h heraus und Jens Pfaff wusste sie schlagkräf­tig umzusetzen. Carl Maria Von Webers Trio gMoll op 63 ist sehr lebendig und beschwingt, hörbar ein Seitenprod­ukt zu Webers unsterblic­her Oper „Der Freischütz“. Nicht nur Tempo, Ausdruck und Beschwingt­heit, auch die Verarbeitu­ng vom Trinklied des Schurken Max aus der romantisch­en Oper sprechen eine deutliche Sprache. Flöte, Cello und Klavier agieren auf einem für diese noble Unterhaltu­ngsmusik denkbar höchstem Niveau.

Die Klage war besonders in der „Introdukti­on und Variatione­n“über das Lied „Trockne Blumen“aus der „Schönen Müllerin – beides von Franz Schubert, präsent. Die sieben Variatione­n über das Lied eines suizidalen Schäfers verbleiben fast zur Gänze im Depressive­n, in der Klagehaltu­ng. Einzig am Ende heitert sich die Stimmung ein klein wenig auf, wenn das lyrische Ich sich im Grab wähnt und die Geliebte Blumen vorbeibrin­gt. Das Klavier und die Querflöte bringen durch ihren Eigenklang in die gedrückte Stimmung eine gewisse Schärfe und Dramatisie­rung.

Alle vier überzeugen

Entspannte­r und lebensfroh­er ging es im abschließe­nden „Grand Quatuor concertant“op. 104 von Antonin Reicha zu, in dem alle vier Instrument­e zu schönen und überzeugen­den Auftritten kamen. Das Stück, das ein wenig zwischen einer Serenade und dem typischen Sonatensat­z von Beethoven hin- und herschwank­t, legt den Fokus auf Abwechslun­g, Spielfreud­e und Melodiense­ligkeit und war darum auch der perfekte Ausklang eines gehaltvoll­en Konzertes, in dem De Jubel die Klage ablöste und überwand.

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